Von vielen verkannt, von manchen missverstanden: Der Unternehmer Georg Hoanzl hat in den vergangenen Jahren mehr für die österreichische Popkultur geleistet als Ö3 oder die beiden Fernsehkanäle des ORF. Eine Würdigung.
Kultur lässt sich ungern in Zahlen messen. Am ehesten vielleicht noch, wenn es um Wertschätzung in Form von Stipendien, geforderten Subventionen oder geförderten Freiräumen geht. Georg Hoanzl ist Kulturunternehmer und macht sich nichts und niemandem sonst etwas vor, wenn er sagt: »Unser Um und Auf sind Quadratmeterumsätze.« Damit meint er weniger Fläche und Umsatzvolumen, als es ihm um Präsenz für seine Produkte geht. Denn als wiedererkennbare Marke mit auffälligen Kartonaufstellern ist die von seinem Vertrieb verlegte und vermarktete Edition »Der österreichische Film« im Handel bestens vertreten – und bleibt das auch über einen langen Zeitraum. Wohingegen selbst Bestseller auf sich allein gestellt spätestens nach ein paar Monaten aus den Regalen verschwinden.
Mehr als 1 Million DVDs hat seine österreichische Cinemathek seit dem Start 2006 verkauft. Und es werden täglich mehr: Nun stellt Hoanzl die sechste Staffel der Edition vor. Damit sind nunmehr 200 DVDs lieferbar, auf ihnen vertreten: an die 300 österreichische Filme. Ohne die Initiative Georg Hoanzls wären davon vielleicht 20, maximal 30 über Amazon lieferbar – also nur Blockbuster wie »Muttertag«, »Revanche« und international Ausgezeichnetes von Michael Haneke, mit hoher Wahrscheinlichkeit aber keine Kunst- und Kurzfilme oder kaum Dokus, die ebenfalls Teil der Edition sind. Die allermeisten davon wurden für das von Claus Philipp (ehemals Filmkritiker und Kulturchef des Standard, heute Stadtkino-Geschäftsführer) und Ernst Kieninger (Filmarchiv Austria) kuratierte Projekt sogar erstmals digitalisiert. Georg Hoanzl spricht von einem »Solidarprojekt« und wird dabei schon einmal blumig: »Die großen, publikumswirksamen Filme beleben die nischigeren Projekte und nischigere Projekte werten wiederum den Kontext für die publikumswirksamen Filme auf. Dass das in dieser harten Marktwirklichkeit, die so ist wie sie ist, funktioniert, das ist wie wenn du einem Gärtner sagst: Auf Asphalt blühen die schönsten Blumen.«
Als engagierter Unternehmer ist Georg Hoanzl kein Ideologe, sondern ein Überzeugungstäter mit Geschick und Gespür. Ein wesentlicher Impuls, die Austrofilm-Edition zu starten, waren die miserablen DVD-Verkäufe der bei Hoanzl veröffentlichten »Siebtelbauern«. Das 1998 vom späteren Oscar-Gewinner Stefan Ruzowitzky gedrehte Drama wurde auch von der internationalen Kritik gelobt. Die DVD-Verkäufe allerdings blieben mit 300 Stück katastrophal. Erst die Wiederveröffentlichung im Rahmen der Film-Edition brachte dem Werk auch das gebührende Publikum (konkret: 9.000 Käufer) – und hält es auch weiterhin im Handel, in Bibliotheken oder Schulbeständen verfügbar.
Wobei es durchaus aussagekräftig ist, dass es ausgerechnet ein kritischer Heimatfilm war, der Hoanzl aktiv werden ließ. Denn das originär Österreichische ist ihm ein großes Anliegen. Und wenn Georg Hoanzl sagt, dass er in »Kulturräumen« arbeitet und denkt, dann sind mit diesem Raum diesmal nicht Kubikmeter Handelsvolumen gemeint, sondern das regionale Gegengewicht zur globalisierten Popkultur und ein bewusster Umgang mit dem Konstrukt Identität. Dass er dabei eben nicht aufs Volkstümliche schielt, zeigt neben dem Vertrieb Hoanzl auch die gleichnamige Agentur. Diese »Urmutter« (© Georg Hoanzl) seines kleinen Kulturimperiums managt und vermittelt Kabarettisten, Künstler und Entertainer wie Josef Hader, Andreas Vitasek oder Grissemann und Stermann. Hoanzl hat Interesse fürs Kabarett geweckt, einen Live-Markt geschaffen, der bis in die hintersten Bergtäler reicht und bis dato mehr als 400.000 Kabarett-DVDs verkauft. Auch dass es ein Alfred Dorfer, ein Thomas Maurer oder ein Florian Scheuba von der subkulturellen Kleinkunst-Intelligentsia als kritisches Establishment zumindest in die »Donnerstag Nacht« des ORF-Fernsehens geschafft haben, ist mit sein Verdienst – und originär österreichisch.
Wenn Hoanzl nun eine eigene Kinder-DVD-Edition ankündigt (die vielleicht sogar ohne die Meterware eines Thomas Brezina auskommt) sowie eine eigene Edition für seine burgenländische Heimat (von der aus er täglich in sein Büro in der Wiener Arbeitergasse 7 pendelt), dann ist das kein kleingeistiger Rückzug ins Provinzielle oder gar Private, sondern ein Zeichen der Wertschätzung gerade auch gegenüber allem Kleinen und den Kleinen. Auch ein Schritt über die Landesgrenzen steht mit einer eigenen Bayern-Edition bevor. Womit Hoanzl – »auch Bayern ist ein eigener Kulturraum«– sich ins Hoheitsgebiet der i>Süddeutschen Zeitung vorwagt, die seine Edition mit der »SZ Cinemathek« zumindest inspiriert hat.
Und irgendwann, ob Ministerin, Stadtrat oder Bundespräsident, werden sie wohl wirklich nicht umhinkommen, ihm einen Orden umzuhängen. Vielleicht ja zuerst in Bayern und dann erst im eigenen Land.