Die Unibrennt-Bewegung, die sich vor einem Jahr gebildet hat, kommt heute schon als abendfüllende Doku ins Kino. Der Film "#unibrennt – Bildungsprotest 2.0" ist der Burner und das nicht nur für Fans.
Der Bildungsprotest ist dieser Tage so aktuell wie nie und es scheint als würde der Zufall machmal die besten Marketingkonzepte entwickeln. Denn wer hat im Moment nicht Lust sich wieder eingängig mit unibrennt auseinander zu setzen? Ab heute, Freitag, bietet sich die Gelegenheit das ganz gemütlich zu tun. Denn der Film "#unibrennt – Bildungsprotest 2.0" läuft nun auch offiziell an.
Für die Premiere am Mittwoch wurde der denkbar unpassendste Ort ausgewählt: ein Shopping-Mall-Kino in der Wiener Innenstadt. Trotzdem gab es in dem gut gefüllten Kinosaal – wohl aufgrund der (bildungs-)politischen Situation im Land – eine Stimmung wie auf einem Protestplenum. Die an die Premiere anschließende Diskussion beschäftigte sich deshalb nicht nur mit dem Film, sondern auch mit politischen Fragen. Und im Publikum war sogar der Satz zu hören: "Das ist Teil 1 – Teil 2 passiert gerade auf der Straße."
Recherchieren beim Protestieren
Sie haben als Arbeitsgruppe begonnen, die die wichtigsten Ereignisse für Web-Videos filmen wollte – ein Jahr später wird ihr Dokumentarfilm im Kino gezeigt: Die AG Doku schaffte es eine "Bewegung für die Nachwelt fest zu halten" (Produzent Antonin Svoboda). Aus insgesamt 900 Stunden Material entstand also der Film. Die AG Doku beschäftigte sich in der aktiven Zeit der Uni-Besetzungen aber vor allem damit Online-Videos zu gestalten. Viele Passagen kennt man deshalb als Beobachter der Bewegung schon.
Ungewöhnlich ausgewogen
Man kann der AG Doku jedoch auf keinen Fall Einseitigkeit vorwerfen. Immer wieder wird das Geschehen im Film von tatsächlich so geposteten Twittermeldungen auch kritisch kommentiert (was auch daran erinnert, dass das Internet niemals vergisst). Außerdem sind in #unibrennt durchaus auch die Tiefpunkte der Bewegung zu sehen, wie die zunehmend schwierige Situation mit den Obdachlosen – in der die Besetzer mehr oder weniger sozialarbeiterische Tätigkeiten übernehmen mussten. Leider hat eine Auseinandersetzung mit dem anfangs sehr starken Sexismusproblem ("Grapschen im Audimax") gefehlt.
Es muss aber dazu gratuliert werden, dass bewusst nicht versucht wurde alles zu zeigen, was passiert ist. Eine Doku muss funktionieren – unabhängig davon, ob man mit dem Thema sympathisiert. Die AG Doku hat sich getraut drastisch zu reduzieren. #unibrennt ist deshalb auch als ganz normaler Film ernst zu nehmen.
Trotz aller Ausgewogenheit fehlen aber auch die großen Momente nicht, wie die spontane Solidaritätskundgabe der Band Anti Flag. Der epischte Moment im Film ist aber eine Diskussion zwischen der ÖH-Vorsitzenden Sigrid Mauer und Wissenschaftsministerin Beatrix Karl nach Scheitern des Bildungsdialogs. Die Situation erinnert an die Szene aus Kill Bill in der Uma Thurman und Daryl Hannah sich begegnen. Und der Film profitiert auch von den vielen Musikern, die sich solidarisch erklärt haben – was sich im Soundtrack (Gustav, Das Trojane Pferd) widerspiegelt.
Eine unheimlich reife und im besten Sinne distanzierte Arbeit – und das nicht nur in Anbetracht der Umstände. AG Doku, bitte nehmt während des heißen Herbstes wieder eure Kameras mit!
Achtung, der Film läuft nur eine Woche lang! Die Spielzeiten gibt es hier.
Unsre Coverstory in The Gap #102 zum Thema Protest 2.0 von Niko Alm ist immer noch sehr empfehlenswert und findet sich immer noch hier.