Mit dem Bezug der NDU-Fabrik im Oktober ist ein erster Schritt getan, um die Design-Universität in St. Pölten zu internationalem Format zu verhelfen. Wenn es nach Direktor Stephan Schmidt-Wulffen geht, werden viele weitere folgen.
Diplomfeier
Zusammen mit der Diplomverleihung 2012 wurde am 17. Oktober die Eröffnung des Lofts gefeiert. Nebenbei ging auch noch die Website mit neuem Corporate Design an den Start. Bestuhlt und/ oder mit Stehtischen bestückt wird die Halle in Zukunft des Öfteren für Veranstaltungen, Konferenzen und Ausstellungen genutzt werden. Unter anderem werden die Studierenden sie ab dem kommenden Sommersemester als Kleinkunstbühne verwenden. Im täglichen Uni-Betrieb dient sie als Unterrichtsräumlichkeit und Werkstatt, in der sich die Studierenden bei ihren kreativen Arbeiten ausbreiten und -tauschen können. Dafür stehen drei einzeln abgetrennte Studios, sowie die große Halle zur Verfügung.
Historische Ansicht
Bis einschließlich 2007 wurde das Fabrikgebäude immer wieder für die industrielle Textilproduktion genutzt, angefangen 1904 nach Gründung der Ersten Österreichischen Glanzstoff-Fabrik AG. 1994 wurde sie vom heutigen Besitzer, der CAG-Holding, übernommen. Nachdem im Januar 2008 die Abluftanlage gebrannt hatte, wurde die Produktion im selben Jahr endgültig stillgelegt.
Garderobe
Ein Überbleibsel aus der Zeit, in der dort noch Garn industriell nachbearbeitet wurde, wurde ganz nach dem kreativen Credo der NDU integriert: ein Garderobenständer aus zweckentfremdeten Fadenspindeln.
Außenansicht
„Bei komplexen Problemen hat man hier den gewaltigen Vorteil, dass nebenan gleich eine Denkfabrik ist," sagt Dr. Cornelius Grupp, Eigentümer der CAG-Holding, über seinen neuen Mieter. „Normalerweise würde man versuchen den Grundbesitz ertragsorientiert zu verwerten, z.B. durch Wohnungsbau. Das lag nicht in meinem Interesse. Ich wollte lieber ein Zeichen für geistig und kulturell Interessierte setzen. Etwas, mit dem sich die Landeshauptstadt St. Pölten identifizieren kann.“ Dabei war die Umsetzung nicht ganz so leicht. Das Gelände umfasst 10 % des inneren Stadtbereichs und so mussten Baumaßnahmen wohlüberlegt und genehmigt sein. Bei der Überprüfung hatte man beispielsweise eine Zinkbelastung festgestellt, die glücklicherweise nicht bis ins Grundwasser gelangt war. Die Umbauarbeiten selbst dauerten sechs Monate, aber insgesamt vergingen vier Jahre von der Idee bis zur Umsetzung.
Halle
Generell ist die NDU-Fabrik lediglich als Interimslösung gedacht. Nach drei Jahren soll der Standort wieder aufgegeben werden. Bis April 2012 sollen nämlich die 12.815 m² des Technikzentrum St. Pölten bezugsfertig sein. Mit der neuen Heimat der NDU können dann insgesamt bis zu 800 Studierende aufgenommen werden. Das Rektorat freut sich aber, mit der zusätzlichen Fläche von 2.500 m² auf dem ehemaligen Glanzstoff-Gelände schon jetzt mehr Erstsemester begrüßen zu dürfen.
Spinde
Laut Prorektor Johannes Zederbauer werden die Kapazitäten einerseits durch die Vergrößerung bereits bestehender Studiengänge ausgenutzt. Die Nachfrage sei vorhanden und so werden dieses Semester 50 statt 30 junge Kreativtalente das Grafik-Design Studium aufnehmen. Andererseits werden die Vertiefungs- und Spezialisierungsmöglichkeiten verbessert. „Es geht nicht ohne neue Studiengänge.“ Neben Umbenennungen und Neuausrichtungen bestehender Studiengänge wird z.B. das Bachelor-Studium „Manual & Material Culture“ angeboten. Abgesehen von der akademischen Ausbildung werden dort auch handwerkliche Fähigkeiten in beispielsweise Holz-, Glas- oder Keramikverarbeitung explizit gefördert um nach drei Jahren einen Meisterbrief zu erhalten. „Ein guter Manager ist sowas wie ein Künstler“, findet Rektor Schmidt-Wulffen. Deswegen wird mit „Management & Entrepreneurship“ ein Studiengang ins Leben gerufen, der den kreativen Anspruch bei Management-Tätigkeiten in den Fokus rückt. „Ideen zu formulieren und kommunizieren ist eine wichtige Aufgabe. Wenn die verbale Beschreibung nicht ausreicht, kann auf die visuelle ausgewichen werden. Etwa wie bei Architekten, die ihre Ideen in Pläne einzeichnen", erklärt Zederbauer.
Studio
Die Praxis im Blick: bei transdisziplinären Projekten lernen Studierende verschiedener Studiengänge miteinander umzugehen. Die neuen Räume bieten dafür den idealen Raum. Der Manager erfährt wie er am besten mit dem Künstler kommunizieren kann - und umgekehrt. Das Future Lab bereitet seit Oktober ebenfalls auf die Realität des späteren Berufslebens vor. Wirtschaftskammer und WIFI Niederösterreich, die beiden Trägerinnen der NDU, ziehen Aufträge aus der Wirtschaft heran, die von Projektgruppen aus Studierenden, Lehrenden und ggf. externen Spezialisten diskutiert und bearbeitet werden. Dr. Franz Widersich, Direktor der Wirtschaftskammer Niederösterreich, wünscht sich noch mehr davon: „Auch im Interesse der Wirtschaft, die bei uns natürlich eine wichtige Rolle spielt, hoffe ich, dass die Kooperationen noch zunehmen. Langfristig arbeitet die NDU auf Selbstfinanzierung hin.“
Dachfenster
„Das MIT startete sein Kreativprogramm damals auch in früheren Industriegebäuden“, weiß Dr. Grupp. Vieles am Zukunftskonzept der NDU ist nach amerikanischem Vorbild gestaltet, z.B. die enge Zusammenarbeit von Kreativität und Wirtschaft. „Im anglo-amerikanischen Raum herrscht eine Sensibilität für das Miteinander, das in Europa weniger präsent ist.“ Internationale Kontakte und der Zuschlag für ein von Brüssel finanziertes, europäisches Forschungsprojekt sind weitere Punkte auf Schmidt-Wulffens Agenda. In 2,5 Jahren soll die Hochschule in St. Pölten außerdem zu den wichtigsten Design-Universitäten Österreichs gehören. Strahlende Zukunftsaussichten also.
Kurz nach der Wahl zum Rektor der privaten Hochschule hatte Dr. Schmidt-Wulffen schon eine ziemlich genaue Vorstellung, wo die Stärken, Schwächen und die Zukunft der New Design University St. Pölten liegen. Für viele seiner Visionen wurde mit der Eröffnung der NDU-Fabrik als Außendependance bereits der Grundstein gelegt.