Mit seiner Memomusik-Hymne „Believer“ kann hier nichts mithalten. Auf seinem Archiv erzählt John Maus in dunklem Bariton allerdings andere Geschichten, von Betonruinen und Bauhaus.
John Maus ist ein Liebkind der Pop-Kritik. Mit seiner Musik kann man erklären, dass nämlich Sound nicht alles ist, dass es bei Musik um Ideen geht. John Maus klingt zwar zutiefst nach Achtziger, aber Achtung, das ist alles ganz anders gemeint, jaja, und Recht haben sie. Statt Flucht im glitzernden MTV-Pop knüpft John Maus an die post-industrielle Depression an, an drahtige Betonruinen-Musik, die von einem größeren Scheitern erzählt. Da lässt sich dann ausholen, zu Visage, Bauhaus, Cabaret Voltaire und Ian Curtis, zu mittelenglischen und US-amerikanischen Geisterstädten, zur Erfindung der Finanzwirtschaft, zum Umbau einer ganzen westlichen Wirtschaftsform. John Maus ist Philosophie-Dozent mit dunklem Bariton, Poparchiv-Künstler mit Tiername, Kollaborateur von Ariel Pink und Panda Bear – so jemandem traut man zu an eine verschüttete Sozial- und Ideengeschichte der Avantgarde anzuknüpfen.
Seine Songs sind aber auch Memomusik, sie setzen sich aus Sounds aus den Gedächtnis-Kammern zusammen. Während Destroyer letztes Jahr mit bipolarem Soft Rock an eine Zeit vor dem Niedergang der westlichen Industrie anschloss, kriecht John Maus mitten in die schmerzhafte Metamorphose hinein, fragt schon 2003 was denn mit ihm nicht richtig ist („The Fear“), singt 2004 vom Nervenzusammenbruch („Mental Breakdown“), 2008 vom Hass („My Hatred Is Magnificent“) und 2010 Engeln der Nacht („Angel Of The Night“). Und wie im Vorbeigehen beweist John Maus mit nichts anderem als dem Willen etwas ganz Bestimmtes auszudrücken, dass aus einer Simulation von Altem heraus etwas Neues entstehen kann. Auf seinem fantastischen Album „We Must Become The Pitiless Censors Of Ourselves“ von vor einem Jahr war das allerdings noch besser zu hören.