Wenn das tote Kind von Seapunk und Witch House mit Deleuze unterm Arm von Afterhour zu Afterhour zieht.
Fostercare wirkt ziemlich ausgedacht. Die Schlüsselreize sind verlockend und machen misstrauisch. Denn immerhin führte das Strohfeuer rund um das Meme »Seapunk« im Jänner vor, wie man im Jahr 2012 einen Hype zündet und sehr, sehr schnell wieder abwürgt. Die Konstruktionsfäden waren nicht gut genug versteckt und blöderweise hatte das Phänomen außer Inszenierung wenig zu bieten. Wenn nämlich Medien plötzlich nur mehr davon reden, was Tumblr ist und warum ein Hashtag implodiert, hat man etwas falsch gemacht. Als Band liegt das dann meistens an der Musik. Während Seapunks vor allem durch türkise Wasserwelten, blaue Haare und 90er-Jahre-Rave-Grafik auffielen, ist das bei Fostercare ein bisschen anders. Dabei hat Fostercare bereits bei Disaro Material veröffentlicht – jenem Label, das für dieses andere Netzteil namens Witch House mitverantwortlich war. Und von diesem Mikrogenre blieb ja schon einmal nicht viel mehr übrig als ein paar fantastische Tracks und der Umstand, dass man jetzt einige Sonderzeichen wie †, ∆ oder ∞ schneller auf der Tastatur findet. Rund um Fostercare vermeidet man deshalb tunlichst, die beiden ungleichen Zombiegeschwister Witch House und Seapunk zu erwähnen.
Fostercare muss man vor diesem Hintergrund dennoch als PR-Kunstprojekt mit Musikanteil betrachten. Wer ist sich mit den Begriffen Deleuze, Porno und Post-Humanismus an die Öffentlichkeit wendet, hat es auf Subkultur-Geschichtsschreiber abgesehen. Und prinzipiell ist es nicht einmal die schlechteste Idee, Gewalt und Werbung eng zu verknoten. Cyberspace-Techno bringt dabei die inneren Widersprüche einer Massenkultur wie sonst nichts zum Klingen. Das Raver-Paradies auf den Siegeralleen, in den Fabrikhallen, den Gasometern, totale Affirmation für freie Körper – was da Anfang der 90er auf der Love Parade passierte und in einer Unterführung in Duisburg endete, war der vergebliche Versuch, im einzig verbliebenen System des Kapitalismus Erlösung zu finden. Was dieser Produzent aus Minneapolis namens Fostercare nun daraus macht, bringt diese scharfe Ambivalenz auf den Punkt. Rave-Arpeggi, Trance-Wabern, Big Beat Horror und E-Culture kommen unter einem Groove zusammen, um das Ende eines Traums besinnungslos zu feiern. Auch wenn »Altered Creature« teilweise schmerzhaft klingt, als Statement ist das jetzt gerade richtig.