Entspannte Steigerung
Portugal.The Man machen melodieseligen Pop mit schrägen elektronischen Kanten und verströmen dabei den eskapistischen Zauber eines 70er-Jahre-Technocolour-Sommers.
Indie, Postcore, Electro-Pop, HipHop – und das alles im beschwingten 70er-Jahre-Retro-Soul-Kleid: Der Sänger und kreative Kopf John Gourdy mischt in seiner Genre-Zeichensprache neu und alt wie kein anderer, weshalb Portugal. The Man bisher erfolgreich außerhalb der Schubladen blieben. Aber wieso überhaupt lange kategorisieren, wenn das Hören einfach soviel Spaß macht?
Die Band ist vor einiger Zeit von Alaska nach Portland, Oregon umgezogen und wenn man den Texten ihrer elf neuen Songs Glauben schenkt, dann sind all jene Orte, an denen die amerikanische Mittelschicht ein Leben in ewiger Ambitionslosigkeit führt, die wahre Hölle auf Erden. Musikalisch geriet „American Ghetto“, ihr fünftes Album in vier Jahren, zur Quersumme der bisherigen: Flirrend vor Ideen, gleichzeitig bodenständig, rund und kantig zugleich und schräg genug, um nicht in pathetischen Kitsch abzudriften. Kein Takt ist zu viel, kein Solo zu lang, kein Refrain zu verstiegen, und dennoch zeichnet sich die Musik durch eine versponnene Komplexität aus, die unter der scheinbar simplen Oberfläche immer wieder überraschend experimentelle Räume durchmisst. Insbesondere Bassist Zach Carothers ist ein Meister der Dosierung, der mit seinem minimalistischem Spiel zusammen mit Schlagzeuger Jason Sechrist einen stets mitreißenden Groove erzeugt. Entsprechend klingt das Resultat ihres fünften Albums in nur vier Jahren sehr organisch, man merkt, dass die Songs im Studio erspielt und nicht am Reißbrett konstruiert wurden. Dazwischen auftauchende Hiphop-Beats, Loops und spacige Keyboard-Flächen brechen den allzu hippie’esken Jam-Charakter trotzdem jederzeit schlüssig auf, und mit dem Schlussstück „When The War Ends“ wartet das Album dann noch mit einem veritablen Hit auf, der Italo-Disco in den schrägen Soundkosmos katapuliert. Mit „American Ghetto“ kann der Sommer ruhig kommen. Portugal. The Man sind schon da.