New Kid On The Block
Zwei Jahre schon haben sich Vorschusslorbeeren für Wale aus Washington D.C. angehäuft. Nach etlichen Mixtapes folgt jetzt das fiebrig erwartete Debüt.
HipHop ist in den USA eine Million Dollar Baby-Industrie. Es ist also kein Wunder, dass gerade bei allgemein rückläufigen Verkaufszahlen immer und immer wieder nach einem neuen Wunderkind gesucht wird, nach jemandem, der den Zeitgeist trifft, der Charakter, Persönlichkeit, Skills und Eier hat, der neue Würze in das gewagte Spiel HipHop bringt, jemand, der nicht nur entlang der derzeit den Ton angebenden Artists Lil Wayne und Kanye West Reime spuckt. Wale wurde lange Zeit als dieser mögliche Heilsbringer gehandelt. Vor allem seine ersten drei Mixtapes brachten ihm viel Aufmerksamkeit – Mixtapes, die sich anders als im elektronischen Bereich nicht darauf beschränken, über die Auswahl von fremdem Material den eigenen Referenzrahmen abzustecken, sondern die eigene Songs hinzu mischen, mit eigenem Wortgold und Features veredeln, die zeigen, dass man ein ernst zunehmender Player ist.
Die Vorstufe zum Hype wurde also mehrfach gezündet. Schon 2007 wurde Wale von Mark Ronson (musikalischer Kopf hinter Amy Winehouse) gefördert und unter Vertrag genommen, 2008 wurde Wale in das ultrahocherhitzte Genre Hipster Rap gepackt und zierte gemeinsam mit Justice das Cover des Urb Magazins. Aus dem geplanten Feature mit dem französischen Duo für „Attention Deficit“ ist nichts geworden, dafür zeigt die Gästeliste mit Lady Gaga, David Sitek (TV On The Radio), Mark Ronson oder Pharell Williams, dass Platten verkauft werden sollen, statt mit politischen Rap-Depechen und mehrdimensionalen, verschachtelten Reimspiralen zu überfordern. Dass Wale genau das könnte, zeigt er auf einzelnen Tracks. „Shades“ besingt nicht etwa die neueste Kollektion eines exklusiver Gucci-Wale-Sonnenbrillen, sondern, wie sich unterschiedlich dunkle Hauttöne in den US-amerikanischen Alltag mischen. Meistens bekommen aber griffige Hooks und Imponierposen den Vorzug. Ein gescheitertes Debüt ist „Attention Deficit“ deswegen noch lange nicht, eher eine nicht voll genutzte Chance. Etwas zu uneinheitlich sind sowohl die Beats wie auch Themen von Wale. Rap bietet auch 2009 immer noch Identitätsmodelle an; und genau das schafft Wale nicht – sich nämlich zwischen oder jenseits der Hipster-, Party-MCs und den leicht neurotischen Grüblern zu positionieren. Hervorragende Einzeltracks reichen nun mal nicht für Rap-Superstardom.