Cause & Effect. Wenn man nichts mehr hat, wofür es sich zu kämpfen lohnt, braucht man jemanden, gegen den man kämpfen kann: Stahlarbeiter Russell (Christian Bale) legt sich mit einem mordenden Drogenboss (Woody Harrelson) an.
Themen finden sich in »Out Of The Furnace« (der zwingendere Originaltitel) en masse. Die Basis bilden kriegsbedingte Traumata, fehlende Sozialleistungen, das Gefälle zwischen zivilisiertem Zentrum und barbarischer Peripherie, Unzulänglichkeiten in Legislative und Exekutive, Arbeitslosigkeit, Outsourcing etc. Würde man die US-amerikanische Gesellschaft in den Computertomographen schieben, käme unter anderem ein solches Bild heraus. Kein allumfassender Querschnitt, sondern die Momentaufnahme eines Teilbereichs. Auf diesem Fundament bauen weitere, universellere Themen auf. Zunächst sind das Beziehung, Liebe und das (erfolglose) Streben nach Glück. Eine Ebene darüber handelt der Film von Vergeltung, Schuld und Sühne. Den Platz an der Spitze nimmt jedoch unangefochten die Familie ein. Fehlt nur noch das verbindende Element, das Leitmotiv – in »Auge um Auge« dreht sich alles um Ursache und Wirkung.
Rodney (Casey Affleck) ist für sein Land in den Krieg gezogen und leidet nun unter psychischen Problemen. Weil er psychische Probleme hat, findet er keinen Job. Weil er keinen Job findet, häuft er Schulden bei einem Gangster (Willem Dafoe) an. Rodneys Bruder Russell (Christian Bale) will helfen, also wendet er sich an den Gangster. Weil er in der Position des Bittstellers ist, kann er ein dargebotenes Glas Whiskey nicht ablehnen. Weil er getrunken hat, baut er einen Unfall. Weil eine Mutter und ihr Kind dabei sterben, wandert er in den Knast. Weil er in den Knast wandert, verliert er die Liebe seines Lebens (Zoe Saldana) an einen anderen (Forest Whitaker).
»Out Of The Furnace« setzt nicht auf Überraschungseffekte. Die Tragödie ist vorprogrammiert, wird von der ersten Minute an frontal angesteuert. Doch obwohl Regisseur Scott Cooper (»Crazy Heart«, 2009) das Konzept von Ursache und Wirkung so gnadenlos ausschlachtet, dass der Film zeitweise wie die Blaupause eines Kinodramas wirkt, kann man sich nicht von der Talfahrt der Protagonisten abwenden. Hinzu kommt einer der großartigsten, widerwärtigsten Bösewichte (Woody Harrelson) der letzten Jahre. »Auge um Auge« ist trist, bedrückend und zieht die Zuseher unwiderruflich in seinen Bann.