Bastards

Björks “Biophilia”-Songs lassen den handverlesenen Remixern auf „Bastards“ viel Raum für ihren eigenen Stil. Das Ergebnis: eine Bandbreite von Dubstep bis orientalischer Folklore. Und ein überraschend stimmiges Remix-Album.

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Sehr wahrscheinlich der aktuellen Musikmode geschuldet, finden sich auf „Bastards“ einige Dubstep-Versionen der 2011er-Songs von „Biophilia“. Unter anderem steuert Current Value seine Holzhammer-Variante im Remix von „Solstice“ bei. Auch die Neubearbeitungen des Syrers Omar Souleyman, der durch das Digging-Label Sublime Frequencies auch in der westlichen Musikwelt bekannt wurde, sind als traditionell orientalische Tanz-Nummern im elektronischen Gewand wenig subtil, machen aber durchaus Spaß. Eine ganz andere Wirkung entfaltet das kindlich-fröhliche „Moon“ von The Slips, das bereits im Original nach verspieltem Schlaflied klingt.

So unterschiedlich sie stilistisch auch sein mögen, eine Sache ist allen Remixen auf „Bastards“ gemein: sie machen die Strukturen, die sich bei den „Biophilia“-Originalen dem Hörer nur langsam zeigen, sofort hörbar. Das bedeutet einen direkteren, einfacheren Zugang, aber keinesfalls Easy Listening. Denn auch „Bastards“ entfaltet sich mit jedem Hördurchgang neu. Oftmals sind es die offen gelegten Rhythmus-Gerüste, die die introvertierten Originale zu extrovertierten Versionen ihrer selbst machen. Die Experimental-Hip Hopper Death Grips flechten in ihre Beats Atem-Geräusche ein, was dem Ganzen eine viel körperlichere Organität verleiht als die ätherischen Björk-Versionen wie „Thunderbolt“ mit seinen geschichteten Gesangsstimmen.

Aus entrückten Höhen oder kontemplativen Höhlen holen die Remixe ihre Vorlagen ins Kunstlicht und auf den Boden, oftmals den Tanzboden. Bestes Beispiel dafür ist „Virus“ in der Bearbeitung von Hudson Mohawke, Peaches und Guacamol. Synthie-Fanfaren und Hip Hop-Groove machen die fragile Ur-Version wuchtiger und gleichzeitig smoother. Anschmiegsam im guten Sinne wird „Virus“ so zu einem Highlight der Platte. Ein weiteres ist definitiv Matthew Herberts „Crystalline“, der das Glockenspiel des Originals mit elektronischen Sounds á la Nine Inch Nails im Weichspüler ersetzt.

Gerade die Stücke mit zwei Inkarnationen auf „Bastards“ zeigen ihr vielfältiges Potenzial und wie unterschiedlich, aber geschickt es genutzt wird. Kern bleibt immer Björks eigenwilliger Gesang und ihre markante Phrasierung. Selbst mal mehr oder weniger von der Musik Islands beeinflusst, überrascht es, wie gut diese sich in kulturelle Kontexte fügen, die schon rein geographisch sehr weit von Island entfernt liegen. Wenn Omar Souleyman die Musik des mittleren Ostens oder These New Puritans Gesänge von den Solomon-Inseln einbringen, entstehen mitunter die spannendsten Momente. Weltmusik 2012.

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