Between the Walls

Wie klingt Math-Soul? Wie ein Rendez-Vous zwischen Hot Chip und Franc Ocean. Wie LSD vor dem ersten Kuss. Wie Herzklopfen beim zweiten Date.

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Dass Alexis Taylor Hits schreiben kann, weiß die internationale Discotèque seit Hot Chip den Elektro-Soul "Boy from School" im Loop laufen ließ: Ein Sound der die 2000er Wende problemlos überlebt hat und heute erneut eine Art Renaissance feiert: Mit Austra, Mauracher, Young Galaxy oder Daft Punks "Get Lucky".

Die About Group ist anders. Ein Side-Projekt – ja – aber keines, wie City and Colour eines der HC-Band Alexisonfire war. Man weniger auf kommerziellen Erfolg aus, als vielmehr dem Format "Longplayer" seine Spontanität und Improvisation zurückzugeben. Das Resultat waren krautige Rock-Jams die so aufeinanderprallten, wie es dem Quartett gerade in den Sinn kam. Diese unkomplizierte Art des Songwriting stand konträr zum Prototyp der modernen Pop-Platte, bei welcher oft pingelig genau an Themen, Singles und Artwork gefeilt wird. Dass die Songs auf "Between the Walls" trotzdem alles andere als leicht gestrickt sind, hat zwei Gründe: Einerseits hat sich Taylor großartige Musiker mit ins Boot geholt, andererseits geht der Soundhorizont weit über radiotauglichen Elektro-Swing hinaus.

Am neuen Album muss man teilweise die charakteristischen Momente eines Songs suchen und trotzdem lösen sich diese am Ende immer in einer einzigen Harmoniewolke auf: Bei Math-Rock ist das ähnlich. Das Album ist ähnlich nah an diesem Genre gebaut wie an moderner Soulmusik. Schon im Opener rumort ein gewaltiges Gefrickel aus dissonanten Klängen und Geräuschen. "Walk On By" löst sich wie im Proberaum einer Garagenband fast in seine Einzelstimmen auf, nur um am Ende noch in eine Punkrock-Zielgerade einzubiegen.

Dass am Ende doch alles stimmt, liegt vielleicht an Taylors Stimme und Gespür für romantische Balladen, sphärischen Wah-Gitarren oder Orgelklängen. Wenn "Channel Orange" das beste R´n´B Album des letzten Jahres war, ist die About Group mit starken Anleihen an Oceans Hang für Romantizismus, das interessanteste Jam-Projekt dieses Monats.

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