Robyn im Wunderland
Nach langen Jahren in der Talenteschmiede verbiegt Robyn die Spielregeln von Pop nun zu ihren Gunsten. Mit gleich drei Minialben.
Robyns Weg ist selbst für das Popland Schweden ungewöhnlich. Sie sang mit zwölf ihren ersten selbstgeschriebenen Song im Fernsehen, brachte mit 16 ihr Debüt heraus und war mit 18 mit der Single „Show Me Love“ erstmals in den britischen Top Ten. Danach versuchte ihr Label, Robyn zwei Alben lang in eine Art schwedische Mary J. Blige oder eine Solo-All Saint zu verwandeln. Bis hin zu Robyns Abnabelung, Neuorientierung und der Gründung des eigenen Labels Konichiwa. Ähnliche Odysseen durch die Instanzen der Entertainment-Industrie kennt man sonst eigentlich vor allem aus den USA oder Australien. Michael Jackson, Beyoncé oder Kylie Minogue wurden noch früher zum Erfolg erzogen. Oder Justin Timberlake. Mit dessen später Neuerfindung hat Robyn vieles gemein. Denn 2005 gelang ihr mit dem dreckigen Pop-Electro-Album „Robyn“ die Emanzipation von Vorgaben und Verkaufsplänen anderer Leute. In Schweden wurde es mit Preisen überhäuft, 2007 ging es zu Recht um den Globus.
Robyn kennt also die harte Schule. Sie weiß, wie und wo man besser posiert, auftritt, an welchen Schalthebeln man im Uhrwerk der Industrie ansetzen muss, um etwas zu bewegen. Sie weiß, was es langfristig bringt, wenn man persönlich in den Credits als Songschreiber steht. Mit welchen Partnern man zusammenarbeiten muss, um mit einem selbst gegründeten Label nicht plötzlich im Niemandsland zu stehen. Dass PR und ein anständiger Vertrieb genau so nötig sind wie Styling, Fotos und Videos. Ihre Backing Vocals für Britney und Snoop Dogg sind von da her als nützliche, kleine Gefälligkeiten einzustufen. Denn solche Details können über mediale Berichterstattung entscheiden.
Das heißt nun bitte nicht, dass Robyn eigentlich eine hintertriebene Pop-Ich-AG betreibt. Als starke Frau weiß sie einfach, auf dem Fundament der vorhandenen Strukturen aufregenden Pop mit spezifischen, ganz von ihr selbst bestimmten Inhalten zu schreiben. Das brandaktuelle „Body Talk Pt.1“ ist eines von drei kurz aufeinander folgenden Minialben. Darauf verfeinert sie ihre Kunst des elektronischen Songwriting, das gleichzeitig wild entschlossen, butterweich, jeder Altersstufe zugänglich und trotzdem arschcool klingt. Hier ist rarer intelligenter Pop zu finden. Die Kollaborationen mit Diplo, Röyksopp und Kleerup sehen nicht nur auf dem Papier gut aus. Und wenn Pt.2 und Pt.3 nur halb so viel euphorisch glänzende Refrains enthalten, ist spätestens beim allerletzten Ton klar geworden, wer Frau des Jahres wird.