Lana komponiert aus unverwüstlichen Symbolen eine Symphonie der Großmacht. Dunkle Fantasien, ein Leben für dich selbst, verrückt, aber frei. Genau das. USA, fuck yeah.
Ziemlich unbemerkt von Blogs, Feuilleton und Hype-Maschinen hat Übernewcomer Lana Del Rey acht neue Songs veröffentlicht. Wie das kommt? Vielleicht, weil man sich überall eine feste Meinung von ihr gebacken hat. Noch dazu sind die neuen Stücke unglücklich wie eine Deluxe-Version des Debüts „Born To Die“ verpackt. Was soll also noch von der ernsten Lady kommen?
Zum Beispiel ein irrsinniges, zehnminütiges Video, ein Mini-Epos, das einmal mehr aufzeigt, warum Lana Del Rey ein so ungewöhnliches Popphänomen ist. Im Video zu „Ride“ ist Lana Del Rey lasziver als früher, die angerosteten Symbole der USA werden weiter moduliert: Motorräder, Jeansjacken mit Fransen, Samtvorhänge, aufgeklebte Fingernägel, Flipper, Star Spangled Banner, Motels, Zeitlupen, Knarren, und überhaupt ganz viel White Trash. Der Song entspricht den Bildern eigentlich so gar nicht, er ist eine orchestrale, traumhafte Überhöhung seiner Objekte. Im Stil einer französischen Ouvertüre wird im ersten und letzten Satz von „Ride“ aus dem Off über gravitätischen Streichern ein Glaubensbekenntnis formuliert: Wir sind was wir sind. Verrückt, aber frei. Das ist alles nicht sehr mutig, aber so unglaublich schlau und eingängig gemacht. Eine Symphonie der Großmacht.
Ganz so beeindruckend ist die übrige „Paradise Edition“ nicht. Lana Del Reys Coverversion von „Blue Velvet“ könnte so viel mehr sein, als nur der übereindeutige Song zur H&M-Kampagne. Wie hat Simon Frith einmal geschrieben – hat man David Lynchs Film „Blue Velvet“ gesehen, und Dennis Hopper als psychopathischen Gangster, der sich mit künstlichem Sauerstoff an der Muschi von Isabella Rossellini aufgeilt, wird man beim Hören des gleichnamigen Songs nicht mehr los. Der Song wird mit erotischer Perversion aufgeladen. Hier aber, nichts. Wer die Bilder nicht kennt, hört eine den schweren Schmelz einer etwas schrägen Werbekampagne. Die Ambivalenzen sind abgeschmirgelt, Lana Del Rey auf halbem Weg zum Swing-Album. Was bedeuten würde, dass alle, die schon immer wussten, dass Lana Del Rey nur Musik für Opfer der Retro-Seligkeit ist, tatsächlich Recht hätten. Das kann es dann ja wohl auch nicht sein. Und ist es auch nicht.