Jenseits von Hunger Nach Buch, Ausstellung und Film geht das Wiener Projekt Food Design in die XL-Buchauflage.
Es geht es in diesem Wort-und-Bild-Ziegel um die massenhafte, teils industrielle, Fertigung von Essen. Denn anders als der Smarties-Reis-Blunzn-Auflauf, den man sich nach ganz eigenem Geschmack daheim zubereiten kann, funktioniert kulturell erlernter Geschmack entlang gewisser Leitlinien. Der Erfolg oder Misserfolg von kulinarischen Produkten, sowohl traditionellen wie auch professionell designten, erklärt sich über weit mehr als den klassischen Geschmackssinn, der die Welt des Essens in gerade einmal vier bis fünf Grautöne (süß, sauer, bitter, salzig, umami) einzuteilen vermag. "Food Design XL" schlüsselt Punkt für Punkt auf wie auch die Optik, die Haptik und auch der Klang von Essen unser Geschmacksempfinden beeinflusst. Fühlt sich die Tomate matschig an, knackt der Kecks beim draufbeißen nicht oder sieht das Fleisch gräulich ist, sagt uns das etwas über die Qualität des Essens. Die Nase nimmt ohnehin viel feiner und differenzierter als die Zunge wahr und ist für das gesamte Obertonspektrum des Geschmacks verantwortlich. All das zeichnet "Food Design XL" in großformatigen Bildern nach, die nicht nur immer wieder messerscharfe Detailansichten liefern, sondern die Texte auf ungewöhnlich unmittelbare und teils überraschende Weise illustrieren. Aber Geschmack ist auch von seiner Zeit geprägt, von Moden und macht wiederum einen Teil einer kulturellen Sphäre aus. Hier liegt möglicherweise auch die größte Unschärfe von "Food Design XL" begraben. Die Autoren sind lange damit beschäftigt nach den Universalien des Geschmacks zu suchen und stellen auch breit den Mythos- und Symbolgehalt von Essen vor. Der Großteil der Beispiele beschränkt sich allerdings auf Europa mit einem Schwerpunkt auf Wien, einige Klassiker aus den USA und andrerseits Japan. Für "Food Design XXXL" würde man sich Erweiterungen in den arabischen, afrikanischen oder lateinamerikanischen Raum wünschen. Sonst aber arbeitet "Food Design XL" in den Großkapiteln „Die fünf Sinne“, „Form Follows Function“ und der „Der kulturelle Faktor von Food Design“ immer wieder breit recherchierte, historische Fakten ein: Food Design bevor es so genannt wurde oder von namentlich bekannten Innovatoren für kommerzielle Produkte genutzt wurde also. "Food Design XL" eröffnet so nicht nur eine, trotz ihrer enormen ökonomischen Bedeutung, wenig beachtete Disziplin, sonder tut dies auch noch mit verschwenderisch gesetzten Fotos und Texten.