6 LPs und 4 CDs – oder auch 81 Tracks – ist das Box Set dieses Soul Brothers aus Chicago schwer. So umfassend macht die Arbeit in den Archiven wieder Sinn.
Die Eckdaten zu Syl Johnson sind schnell erzählt: 1937 in Memphis geboren, in Chicago anfangs nicht so recht erfolgreich, 1967 erste Aufmerksamkeit, 1975 einen späten Hit, Anfang der 90er von HipHop wiederentdeckt und ein mäßig erfolgreiches Comeback versucht. Irgendetwas muss in der Zeit dazwischen passiert sein, dass ganz besonders Syl Johnsons Song „Different Strokes“ aus dem Jahr 1967 von Public Enemy, Michael Jackson, NWA, De La Soul, J. Dilla, The Prodigy, Boogie Down Productions, TLC, Eric B. and Rakim und vom Wu-Tang Clan gesamplet wurde. Der funkige Soul-Track von Syl Johnson fährt im Refrain die Zeile „Different Strokes For Different Folks“ auf – jene Phrase, die Sly And the Family Stone zwei Jahre später mit ihrem Album „Stand!“ popularisierten und die irgendwann ab 21. Juni 1969 zu einem geflügelten Wort wurde. Syl Johnson schärfte später noch sein Profil, sein Einsatz für schwarzes, kulturelles Selbstbewusstsein fand etwa in den Songs „Is It Because I’m Black“ und „I’m Talkin’ Bout Freedom“ eine Fortsetzung. Anfang der 90er Jahre herrschte dann unter Schwarzen eine durchwegs kämpferische Stimmung. Polizeigewalt, Ghettoisierung, Drogenkultur, Nation Of Islam heizten Wut und Forderung nach mehr Selbstbestimmung an. Syl Johnsons stolze Geschichte war dabei als Anknüpfungspunkt sehr willkommen. Mit Sampling verarbeitete man nicht nur einfach gute Songs, sondern man bezog sich auch auf die Tradition schwarzer Widerständigkeit. Noch einmal 20 Jahre später, nämlich genau heute, bringt die Numero Group aus Chicago das gesamte Werk von Syl Johnson unter die Menschen. 52 Seiten Booklet kommentieren jeden einzelnen Track. Die ersten 350, handsignierten Exemplare sind schon weg, runde 75 Dollar scheinen für das allumfassende Box Set zu Syl Johnson, das so wohl nie auf einem Torrent oder Blog landen wird – und auch nicht sollte – sehr fair.