Cryptocracy

Wie erwartet kann der vollbärtige Exot der Metal-Electro-Szene die geballte Energie seiner DJ-Performances nicht überzeugend auf Albumlänge umsetzen.

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Er beschreibt seine Musik als "the smell of something burning", kommt – wie es sich in diesen musikalischen Gefilden gehört – aus Skandinavien und wurde von Last Gang Records auf einem niederländischen Metalfestival entdeckt: Huoratron, der vollbärtige und glatzköpfige Exot, der Pionier des Beardcore.

Bereits der erste Track legt das musikalische Programm für das restliche Album fest: Eine halbe Minute sich immer weiter nach oben schraubender Störgeräusche, die schließlich Platz machen für einen kratzigen Synth, der die empfohlene Tagesdosis an Distortion und Overdrive nach wenigen Sekunden sprengt. Ähnlich verstörend geht es auch mit den nächsten Tracks weiter: "New Wave Of Mutilation", eine Hommage an den beinahe gleichnamigen Song der Pixies (die Huoratron übrigens als eine seiner größten Einflüsse nennt) entpuppt sich als Ansammlung schriller Arpeggios am oberen Ende des Frequenzspektrums und heulender Sirenen, während die stotternden Beats auf "A699F" (Referenz an Aphex Twins "Afx237"?) eher an Maschinengewehrsalven erinnern. Kurzum: ein Konglomerat aus Industrial, Hardcore, Metal und Techno, das eigentlich seit Proxy nicht mehr interessant war.

Für den ersten Lichtblick am Ende des Schützengrabens sorgt "Bug Party", der vierte Track auf "Cryptocracy" – erinnert er doch von der ersten Sekunde weg an die frühen Alben der Chemical Brothers. Die Freude währt jedoch nur kurz, und es dauert nicht lange, bis der nächste Track in stumpfem, eintönigen Gleichschritt auf das nächste Disaster losmarschiert: Mit "Sea Of Meat" begibt sich Huoratron nicht nur relativ einfallslos sondern auch ein knappes Jahr zu spät auf eine Exkursion in die leider noch immer untote Welt des Dubstep. Skip.

Der nächste Lichtblick im finsteren Sumpf des Horrorfilmsoundtracks scheint sich mit dem vorletzten Track des Albums, "Transcendence" anzubahnen: Ein melodisches houselastiges Intro, das Artists wie DJ Mehdi (R.I.P.) ins Gedächtnis ruft. Doch die Sirenen im Hintergrund verkünden nichts Gutes – und spätestens nach einem Drop, der Scooter wie Sängerknaben aussehen lässt, wähnt man sich auf einem Lagerhallenrave für Cybergoths. Da kann auch "Unblinking Eyes", der letzte Track des Albums, nichts mehr retten: Musik aus, Kopfhörer runter, Wiedereingliederung in die Gesellschaft.

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