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Timo Beil (ehemals privat und beruflich Erfolgreicher, nunmehr an beiden Fronten gecrashter Arbeitslosengeldbezieher) ist ein vorbildlicher Nachbarschaftshelfer. Er gibt überdrehten Haustieren Valium, legt dogmatischen Altschriftstellern den „Spiegel“ zu Füßen und „drückt dem Gemüsehändler sehr gute Laune in die Hand.“ Frau Schlicht macht ihn auf die Auktionsseite „Limit“ aufmerksam, Beil wird dort zu LittleHertie, ersteigert eine […]

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Timo Beil (ehemals privat und beruflich Erfolgreicher, nunmehr an beiden Fronten gecrashter Arbeitslosengeldbezieher) ist ein vorbildlicher Nachbarschaftshelfer. Er gibt überdrehten Haustieren Valium, legt dogmatischen Altschriftstellern den „Spiegel“ zu Füßen und „drückt dem Gemüsehändler sehr gute Laune in die Hand.“ Frau Schlicht macht ihn auf die Auktionsseite „Limit“ aufmerksam, Beil wird dort zu LittleHertie, ersteigert eine Beinummantelung und beginnt sich für diese Netzgemeinschaft zu interessieren. Mit einem Schuhgebot klinkt sich Beil ins Limitisten-Universum ein und findet eine neue Heimat. Beil bringt weiter Objekte ein, schafft sich durch die Beobachtung der Versteigerungsentwicklung neue Lebensstrukturen, wird langsam zum Vollblutlimitist. „Er fühlt sich Adrenalin. Er fühlt sich Hochdruck.“ Beils Ego löst sich allmählich auf, er wird zu LittleHertie und lebt für sein Bewertungsprofil. „Limit ist das Mitten im Leben. Und auch Spaß, Unterhaltung Aktion.“ LittleHertie merkt, dass er durch die üblichen Bewertungsmodi Macht hat, missbraucht sie anfangs nicht, wird dennoch von einem unzufriedenen Limitisten verprügelt. LittleHertie nimmt die Bewertungen von Anfang an persönlich und sühnt ungerechtfertigte Votings mit Psychopatenaktionen. Er beginnt „böser Wolf“ zu spielen. Sein Wohlbefinden hängt mittlerweile vollends von „aufbauenden Bewertungen“ ab, sein soziales Umfeld vernachlässigter er zunehmend. Nur noch Petra Kallweit ist auf einer ähnlichen Wellenlänge, die wartete im Hinterhof hauptberuflich erst auf Außer- dann auf Innerirdische. LittleHertie verkauft im großen Stil „Schuhe, die laufen“, wird zum „Hammerlimitisten“ upgegradet, doch der Absturz naht. Bereits die zweite negative Bewertung lässt ihn vollkommen ausrasten, die dritte macht ihn gar zum Mörder. „LittleHertie geht rot.“

Anfangs möchte man nicht meinen, dass Beil der Durchgeknallteste im Haus ist, der Maniac unter harmlosen Verrückten. Man wird eines besseren belehrt. Zu Beginn vermutet man eigentlich eine sich parallel auftuende Liebesgeschichte, es kommt aber ganz anders. LittleHertie entpuppt sich nicht als kleines, sondern großes Arschloch. Timo Beil ist LittleHerties erstes Opfer. Die Handlung diese Romans ist unvorhersehbar, schlüssig aber dennoch etwas unbefriedigend. Man hätte sich und dem sympathischen Timo Beil wohl einfach eine besser ausgehende Geschichte gewünscht. Aber das zählt nicht, ist kein gültiger Kritikpunkt. Probsthayn hat also wieder, mit gewohntem Sprachfuror, sackstark abgeliefert. Big Probsthayn ist ganz Sprachkrone.

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