Das Ende eines Kapitels und Mut für den Neuanfang – dafür steht Brody Dalles erstes richtiges Solo-Album. Musikalisch heißt das Rückbesinnung zum Punk-Rock und ungewöhnlich nachdenkliche Töne.
Frontfrau und Chefin war Brody Dalle auch schon bei den Distillers und Spinnerette. Für "Diploid Love" wollte sie sich aber ganz vom Korsett befreien, das das Songschreiben mit einer Band mit sich bringt. Dass sie die meisten Instrumente auch selbst eingespielt hat, heißt im Umkehrschluss aber nicht, dass sich nicht ein paar illustre Namen in den Credits verstecken. Strokes-Gitarrist Nick Valensi ist darunter, neben Shirley Manson von Garbage und Emily Kokal von Warpaint beim Finale von „Meet The Foetus/ Oh The Joy“. Ein Song über Wochenbettdepressionen und die Freuden des Mutterseins, als dann die Vocals so feierlich klingen wie der Titel vermuten lässt – das hätte man zu Brodys wildesten Zeiten kaum für möglich gehalten. Darunter wüten allerdings immer noch treibende Drums und eine sägende Gitarre.
An alte Distillers-Zeiten erinnert besonders "Underworld". Die darin besungenen Trompeten von Jalisco treiben die Drehzahl zusätzlich in die Höhe und lassen später den Song zusammen mit einer Akustik-Gitarre mariachi-mäßjg ausklingen. Da macht sich der Wohnsitz der Familie Dalle-Homme in Joshua Tree, nahe der mexikanischen Grenze, bemerkbar.
Auch sonst nutzte Brody den Freiraum als alleinige Songschreiberin für Neuerungen, z.B. für ruhige Töne mit Piano bei "Carry on" oder einem schrullig-schunkelnden Drumcomputer bei "Parties For Prostitutes". Wirksamstes Instrument bleibt ihre markante, kraftvolle Stimme. Die spuckt trotzige Kampfansagen ("Don’t Mess With Me"), windet sich rau in schmerzhaften Erinnerungen ("Dressed In Dreams") oder höhnt brüchig in scheinbarer Verletzlichkeit ("I Don’t Need Your Love"). Mit den abwechslungsreichen, knackigen neun Songs wollte sie laut Eigenaussage ein Kapitel ihres Lebens abschließen. "Diploid Love" macht Vorfreude auf das nächste.