In seiner Schaffenszeit wurde der Existenzialist Richard Yates unterschätzt. Nun wurde sein 1984 erschienener Roman „Young Hearts Crying“ ins Deutsche übersetzt. Es ist eine Chronik der zerbrochenen Träume, die ein wehleidiges Resümee zieht.
Der 1984 veröffentlichte Roman erzählt einerseits das Scheitern, das durch Grenzerfahrungen die Existenz schärfen will, aber nicht wirklich schafft, andererseits bildet er zugleich das “gesellschaftlichen Sein" der individuellen Existenz ab. Beides prägte die Lebenseinstellung der 50er in den USA. So auch in den Kreisen rund um Michael und Lucy Davenport: Kunst ist ihre Religion. Sei lesen Yeats und Keats. Die fahren ihnen in die Knochen. Auch einige von den Franzosen, Valéry und diese Leute. Vor allem aber gab man sich cool und viele Parties. Das Leben musste ausprobiert werden. Auch wenn man sich gegenseitig auf die Neven ging, irgendwie musste man sich ja existentiell erfahren.
Reichtum oder Begabung heben einen von anderen Menschen ab. Beides erfordert ein starkes Verantwortungsgefühl, das weder Lucy noch Michael besonders ausgeprägt besitzen. All das Gute gleitet sonst in Müßiggang und Verschwendung ab und so versuchen die Figuren hier auf unterschiedliche Art und Weise mit dem gewollten Künstlerdasein und der mediokren bürgerlichen Lebensart zwischen Gartengrill und mittelmäßig gelungenem Family-Life zu arrangieren. Die pseudointellektuelle Ehe sitzt hinter Sonntagszeitungslektürenachmittagen verschanzt. Zwischen Schwarz und Weiß. Passend dazu heißt auch das einzig berühmte Gedicht des Protagonisten Davenport “Farbe bekennen”. Sich für etwas mit ganzem Herzen einzusetzen, sich zu bekennen, gelingt ihm die ganze Erzählung lang nicht. Er möchte sich als Dichter etablieren und lebt dabei in der Hoffnung der Zukunft mehr denn in der Gegenwart. Wären seine Selbsterwartungen nicht so hoch, wäre das Scheitern nicht so tief. Enttäuschte Ambitionen und hochprozentiger Alkohol zerfressen den Schriftsteller von innen. Als Skeptiker kann er sich schwer auf etwas einlassen. Seine Frau Lucy geht den Wunsch künstlerisch zu sein, anders an, kommt aber über den Dilettantenstatus nicht hinaus. Der Leser bekommt den Eindruck, dass oft Zufall und diplomatische Überzeugungsarbeit letzten Endes über künstlerischen Erfolg bestimmen. Auf der Seite der Gewinner steht der schräg portraitierte Thomas Nelson. Anhand dieser Figur zeichnet Yates die Problematik der Nachkriegsgeschädigten. //Dieser glücklose, kirchengeplagte, zu junge Vater von vier Kindern, dieser ironische, trübselige Ratta-tat-Marschkapellentrommler aus dem Staub von Blanchard Fields, der hat sich nicht einmal seine Panzerjacke, geschweige denn einen Gewerkschaftsausweis verdient hatte.”// Michael, der trostlost und doch reststolz aus dem Krieg kam, ärgert sich über Thomas Nelson, der sich als Kriegsveteran inszeniert, ohne durchlitten zu haben, was er selbst nie verkraftet. Hippietum, Drogen und der Vietnamkrieg spielen im dritten Teil des Romans eine Rolle. Sie sind nicht mehr die Welt des Protagonisten. Er taucht davor unter; und zwar im Whiskeyglas. Das leise Scheitern ist pathetisch im Ausdruck. Der Humor beschränkt sich auf Lächerlichkeiten des Kunstbetriebs, den Yates in Details immer wieder auf die Schaufel nimmt. Testosteronneid und kleingeistig amerikanisches Konkurrenzdenken gehen Hand in Hand mit oberflächlicher Falschheit. Nervig sind dabei die unzähligen Versuche des Protagonisten sich vor den jungen Mädchen aufzuspielen und Frauen auf ihre äußere Erscheinung zu reduzieren. Mit seiner rohen Männlichkeit knüpft Richard Yates damit dort an, wo Hemingway aufgehört hat.