Der bizarre Alltag im verrückten Los Angeles. Intuitiver Unsinn mit tiefgängigen Einschüben und alles irgendwie unplugged.
Miranda July ist immer kurz davor, irgendetwas Spontanes anzustellen oder zutiefst Profundes zu sagen. Diese Mischung erinnert an leichtfüßige Zeiten des Unfugs mit Pippi Langstrumpf und zerrt die Ergebnisse ins Licht der Erwachsenenwelt. Sie wagt sich aus dem Schutzhüllen-L.A. und besucht nach dem Zufalls-Prinzip als Drehbuchrecherche – und um den Tunnelblick des eigenen Lebensumfeldes zu entkommen – Leute, die keinen Computer besitzen. Neugierig zu sein und eine blühende Fantasie zu haben, ist vermutlich in kaum einer Stadt so spannend wie in Los Angeles. Mit jedem Blick enthüllt sich eine Welt, die in Farben spiegelt, die außerhalb dieses Ortes keine Namen haben. Das bezieht sich nicht auf eine Naturschönheit oder atemberaubende Architektur. Nein, in Los Angeles ist von der Menschheit die Rede. Eine Charaktervielfalt , eine Personenbuntheit. Nun sagt man den Drehbuchautoren die Berufskrankheit nach, nur von ihren fiktiven Figuren umgeben zu sein. Die Charaktere für den Film werden dem Leben abgerungen, geknetet und versuchen, möglichst echt zu sein. Daraus bildet sich der Drang nach sozialen Interaktionen mit realen Menschen. Es gibt kein Gesetz dagegen, neue Bekanntschaften in einem anderen Milieu zu machen, aber es passiert einfach nicht. »L.A. ist keine Stadt für Fußgänger und hat kein nennenswertes U-Bahn-System – sofern sich jemand nicht in meiner Wohnung oder meinem Auto aufhält, werden wir uns also nie an ein und demselben Ort befinden, nicht einmal für einen Augenblick«, schreibt July.
Als das Multitalent beim Schreiben ihres Drehbuchs für »The Future« feststeckt, lässt sie sich von Kleinanzeigen im PennySaver ablenken und lernt so auf Hausbesuchen einen ganz anderen Schlag Menschen kennen. Allesamt haben diese schrägen Leute einen ausgeprägten Hang zur Sammlerleidenschaft, einen dubios primären Sinn in ihrer eigenen amerikanischen Lebenswelt. »Mir kam der Gedanke, dass jedem Menschen seine eigene Geschichte wichtig ist, und je mehr ich zuhörte, desto mehr erzählten sie.« Zudem bemerkt die Autorin, dass ihr selbst die Welt außerhalb des Webs immer ferner wurde und so ist sie fasziniert von den Menschen, die ohne Computer auskommen. Was July daraus bastelt, hat etwas von einer Kunstaktion mit Fotos ohne gekünsteltem Licht und zeigt ungeschminkt Personen in ihren bizarren Lebensträumen. Dabei stößt sie auf folgende Moral: Wenn du dein Leben lang über die Weltmeere schipperst und nie lange genug auf dem Festland bist, um Kinder anzupflanzen, strandet dein Nachlass nach deinem Tod bei einer wildfremden Griechin. Wenn die dann irgendwann Platz braucht, versucht sie, deinen Nachlass im PennySaver zu verscherbeln. Und niemand will ihn haben.
Man könnte glauben, man lese einen mit Spleens und Neurosen gespickten Woody Allen-Film ohne Liebesteil.