Feathermagnetik

Fundstück-Geklimper, Elektronik, Kratzen, Schaben, Streichen – Wenn in Meditationsklassen oder Thermalbädern nur auch solche Musik laufen würde!

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Kira Kira aka Kristin Björk Kristjansdottir kommt aus Island und enttäuscht diese irgendwie Standard gewordene diffuse Erwartungshaltung das von der spärlich bewohnten Feuer-und-Eis-Insel gefälligst Interessantes zu kommen hat, definitiv nicht. Sie liefert auf dem Album – Überraschung! – keine Songs, sondern Stimmungen, Sounddesign, Experimente, von zart bis opulent. Wenn das gut gemacht ist, kann es von solchem Material eh nicht zu viel geben – und wenn in Meditationsklassen oder Thermalbädern endlich vermehrt auf so was zurückgegriffen würde, anstatt das man mit Billigsynthschlieren aus der Verzückung gedrängt wird, wäre die Welt ein bisschen weniger schlecht.

Oft dronig aber nicht konturlos, manchmal ambientös aber mit geschickt eingesetzten Sequenzen die wenig Zweifel an der dahinterstehenden Musikalität aufkommen lassen, meist sehr langsam und mit extremer Laut-Leise-Dynamik die einen aber im Zusammenspiel mit beunruhigenderen Sequenzen und fein dosierten Atonalitäten immer wieder daran hindert sanft zu entschlummern. Neben Cello, zärtlich gespielten Bläsern, diversen Zupfinstrumenten, ein wenig Fundstück-Geklimper und Elektronik gibt es viel Kratzen, Schaben, Streichen über Oberflächen, Knistern und Knirschen, alles bearbeitet und raumfüllend aufgeblasen was dem Eindruck etwas Organisches, Lebendiges zu hören aber wenig Abbruch tut. Man ist mitten drin in sonst sehr kleinen Prozessen.

Fröhlich ist das nicht, Düsterkeit, oder Melancholie kommen aber auch nicht auf. Es ist eher so als hätte man es mit einer Art naturverbundener Spiritualität zu tun, die wohlig geheimnisvoll bleibt, deren Unschuld nicht aufgesetzt wirkt und die deswegen nicht so nervt wie man eigentlich annehmen sollte. Eigenwillig, aber auch ohne das man das Gefühl hat hier wäre irgendetwas übertrieben „zerdacht“ worden. Godspeed You! Black Emperor mit ein wenig Kunsthochschule im Hinterkopf und Unterstützung von Tim Hecker geben mit improvisierten Instrumenten ein Konzert für extrem relaxte Waldmenschen.

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