Im musikalischen Kuriositätenkabinett. Ein Album, wie man es viel zu selten um die Ohren bekommt: Jeder Zentimeter ist zugeschichtet mit antiquierter Instrumentierung, psychotischen Texturen und Düsternis, die jäh in Zuversicht umschlägt.
Es gibt nur wenige Dekaden, aus denen die moderne Popmusik schöpft. Tu Fawning machen ein neues Fass auf: Eine Stimme, die sich leicht zitternd in höchste Höhen kiekst, dazu klagende Posaunen, über die gespenstische Harmonien huschen – schon mit den ersten Tönen von »Hearts On Hold« fühlt man sich weit in die Vergangenheit katapultiert. Dazu kommen abstruse Instrumente, die andere maximal im Schrank verstauben lassen würden: Mit dem Sound einer klassischen Rockband hat die Combo nicht viel am Hut.
Als die beiden Amerikaner Corrina Repp und Joe Haege vor drei Jahren in einer kreativen Sackgasse angelangt waren, ließen sie kurzerhand ihre damaligen Projekte etwas schleifen und steckten ihre Energie in ein neues: Tu Fawning. Piano, Drums, Percussion, Gitarre und Vocals wurden paritätisch geteilt, mit Toussaint Perrault und Liza Rietz zwei weitere Multiinstrumentalisten ins Boot geholt – stereotyper Sound war ohnehin nie geplant –, und so singen, orgeln und trompeten sie seither zu viert mit einer sanftmütigen Dringlichkeit, mit der sie sich inzwischen auch außerhalb ihrer Heimat Oregon einen Namen machen konnten, und das nicht nur als Menomena-Support.
Der breite musikalische Background der Bandmitglieder sorgt dafür, dass das Debütalbum nun klingt, wie es klingt, dass die Musik irgendwo in zwielichtig-spirituellen Soundlandschaften schwebt und sich niemals festnageln lässt: Indonesische Gamelanmusik, afrikanische Tribal-Drums und Sounds der 20er und 30er Jahre tummeln sich auf dem Album, Totenchoräle werden mit swingendem Jazz unterlegt und lassen Schwermut heraufkriechen wie Nebelschwaden am Friedhof. Mit Schubladisierungen tut man sich bei Tu Fawning folglich etwas schwer. Für Leute, die Namen brauchen: Bodies Of Water trifft auf Brassband-Sound, Portishead auf Tom Waits. Oder so. Jedenfalls kommt wieder einmal etwas anderes über den großen Teich als säuselnde, schwindsüchtige Minderjährige. Und das ist auch gut so, denn »Hearts On Hold« ist ein vielschichtiges Album Noir – an das sich der Hörer behutsam herantasten sollte. Gassenhauer haben Tu Fawning damit wohl keine kreiert. Aber dafür wären die mühsam arrangierten Kleinode sowieso viel zu wertvoll.