Hicksville

Liebeslied ans Liebeslied

Im kleinen Dorf Hicksville stirbt die Liebe für Comic Books nicht. Dylan Horrocks fiktiver Schauplatz symbolisiert im Comic seine eigene Liebe für Comics.

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Der treibende Plot von »Hicksville« ist eigentlich gänzlich nebensächlich. Kurz zusammengefasst geht es darum, dass ein enthusiastischer Comic-Journalist nach Hicksville reist, um dort die Geschichte des – seiner Meinung nach – größten Meisters der Comickunst zu erforschen, der eben von dort stammt. Darum geht es aber nicht. Das ist noch nicht mal das Skelett, auf das Horrocks das Fleisch seiner Erzählung hievt. Die tatsächlichen Knochen sind die Bäume: Besser, das Papier, auf das »Hicksville« gedruckt wurde. Und die Muskeln und Sehen und Adern und alle Organe, ja, das sind die Panels und die Seiten und was Horrocks in und auf ihnen gezeichnet hat.

Um auch den geringsten Zweifel auszuräumen eröffnet Horrocks diese Sammlung seiner Serie mit einer persönlichen Note, einer Einleitung über seine greifbare Liebe zu Comic Books. Gefolgt von einem Zitat von Jack Kirby: »Comics will break your heart.« In den darauf folgenden Seiten beweist er, dass Kirby recht hatte. Wenn auch auf eine Art und Weise, die nicht unangenehm ist. Horrocks benutzt dabei seinen trügerisch simplen Stil um den Leser zu verwirren. Man sieht kräftige Linien, einfache Striche, dennoch unterlegt mit komplexen Hintergründen und Schatten. Die Zeichnungen sind tief und vielschichtig, was sie auch sein müssen, denn eigentlich sind sie die eigentliche Erzählung. In dem Horrocks die Einwohner von Hicksville via Comics miteinander kommunizieren lässt – ihre Erzählungen von Comics oder ihre eigenen Comics oder ihre Sichtweise zu bestimmten Comics – lässt er die Leser wissen, dass er in eben jenem Moment versucht mit ihnen zu sprechen. Bedenkt man, dass »Hicksville« ursprünglich in der Serie »Pickle« in mehreren Teilen veröffentlicht wurde und dass einer der »Hicksvilleianer« ein autobiografisches Comic Book namens »Pickel« gezeichnet hat, dann wird einem die Tragweite von /Hicksville« immer klarer. Anstatt sich mit einer Story über Comics, was sie sind, was sie sein könnten und was sie nicht sein sollten zu begnügen, hat Horrocks 1998 begonnen seinen Gedanken und Ansichten Körperlichkeit zu geben. Er zeichnete »Pickle«, erschuf darin »Hicksville«, worin wiederum »Pickle« entstanden ist. Und in dieser neuen Ausgabe von »Hicksville« setzt er mit seinem neuen Intro, in dem er selber erscheint und mit »Hicksville« interagiert. Dass es diesen Sammelband gibt, dass es ihn überhaupt geben kann, das ist die eigentliche Story, darum geht es. Ein Comic Book für ein Comic Book, ein Liebeslied ans Liebeslied. Horrocks via seinem Charakter Kupe: »… a medium locked into a ghetto and ignored by countless people who could have made it sing … well, here it is. The other history of comics. The way it should have been.« – ein Zitat, dass ich nicht oft genug anbringen kann und das man als Aufruf dazu verstehen sollte mehr Kunst und Liebe für Comic Books auch in Comic Books zu erlauben.

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