Ein zarter Hauch von Nichts
Gerade in diesem Moment jetzt stehen die Achtziger Jahre zum wiederholten Mal hoch im Kurs. Zwei herausragende Beispiele: La Roux und Sally Shapiro.
Die Frage nach dem Sound der Achtziger ist überaus müßig. Denn es sollte klar sein, dass in diesen zehn Jahren, die gerade einmal durch zwei Zahlen begrenzt werden, sehr viele Stile, Ebenen, Pole und Ministrömungen nebeneinander Platz finden. Wenn man aber auf den größten gemeinsamen Nenner – die großen Zehn – blickt, schält sich noch am ehesten ein nebulöses Gemisch aus Mode, Synthie-Pop, Video, Frisuren und gebremsten Hedonismus heraus. Warum solche Perioden durch ein Revival gescheucht werden, hat nicht nur den Zweck einer Erinnerungskultur. Zu spät gekommene mischen sich genauso unter die Schaulustigen wie jene Hundertschaften, die mittlerweile rund um den Dreißiger gutes Geld verdienen und dieses gerne für ein Bruchstück Kindheitsgefühl eintauschen. Deswegen wird die Idee der Achtziger, auch wenn sie schon 666-Mal ins modrige Grab komplimentiert wurde, nicht mehr aus dem Musikfundus verschwinden. Frauen wie La Roux und Sally Shapiro sei Dank.
La Roux, eigentlich ein Duo aus Brixton im Süden Londons, brachten 2008 mit „Quicksand“ auf Kitsuné viele Blogs in Aufruhr und wurden von der BBC prompt auf ihre jährliche Watchlist gesetzt. Interessanterweise wurde damit genau das Label, das den Bomben&Granaten-Sound namens Nu Rave mit in die Welt gesetzt hatte auch zum Hort des melodiösen und schmal instrumentierten Electro-Pops von La Roux (auch wenn das Album nun via Universal veröffentlicht wird). Der Sound des Debüts ist das Gegenteil von überladen, dermaßen aus einem Guss und homogen, bis in die feinsten Spitzen gestriegelt – und noch dazu stört keine Ironie die electro-synthetische Glückseligkeit. La Roux ist eine geschlossene Welt, die sich inzwischen auch nicht mehr erklären muss.
Sally Shapiro ist ebenfalls ein geschlossenes System, aber hier sind mehrfach doppelte Böden eingebaut. Nach außen hin ist Sally Shapiro ein sehr schüchternes Mädchen aus Schweden, das keine Interviews geben will. 2006 flog ihr mit „I’ll Be By Your Side“ (auf dem heimischen Label Diskokaine) ein unerwarteter Untergrund-Hit zu. Alles wirkt jedoch ein bisschen zu gut ausgedacht. Die blauäugige Melancholie mit der sie von glühenden und gebrochenen Herzen singt, die selbst gewählten Vergleiche mit Sandra („Everlasting Love“), das ständige Gefühl dabei in Wiederholungsschleifen von „La Boum“ gefangen zu sein. Hier gibt es nur draußen oder drinnen. La Roux ist nicht so hermetisch und deutlicher in der Gegenwart angekommen. Verwunschene, fantastische Melodien finden sich ohnehin da wie dort.