Wenn man diese Wühlkiste früher Housemusik zu lange öffnet, könnte man plötzlich knödelige Frauenstimmen und synkopisierte Pianos gut finden.
Scheinbar ungelenk gesetzte Bässe, sich immer wieder aufzwirbelnde Snare Drums, hörbar am Drumcomputer gesetzte Hi-Hats und sich überkreuzende House-Pianos und synthetische Streicher: füllige 14 Minuten lang kreiseln dieselben genölt knödeligen House-Vocals am Ende des Mixes von Larry Levan, schleifen sich tief in die Ohrenschnecke und entwickeln dabei einen stupiden, aber gänzlich unwiderstehlichen Sog. Willkommen im Jahr 1991. So klingt also Crystal Waters, wenn sie nicht von Zigeunerfrauen singen.
Es ist der erste von fünf Mixen, die sich der Londoner Club Ministry Of Sound jetzt zum 20. Geburtstag schenkt. Darauf sind massig Fundstücke aus der Vergangenheit, Zeittondokumente, die für diese Box lediglich neu lizenziert und gemastert wurden – was den angenehmen Nebeneffekt hat ein Gucklöcher in die Vergangenheit zu reißen, wie etwa auf teilweise erstaunlich kurze und durchaus brüchige Mixing-Übergänge und nicht immer perfekte Soundqualität. Mehrfach wurden damals zwei Stücke von ein und demselben Artist unmittelbar hintereinander gespielt – heute oft als Faux Pas betrachtet –, viele Tracks sind zudem mit ultra expressiven und hedonistischen Vocals zutapeziert. Dafür aber birgt diese Zusammenstellung einige nahezu vergessene Tracks, Remixes und Grooves. Dazwischen glänzen essenzielle Tracks, die man mit etwas Mühe und Geschmack natürlich schon zu 87% daheim auf Vinyl stehen hat.
Und wer dann zudem noch einen Beweis dafür brauchte, dass Revivals zwar nicht immer, aber doch meistens genau nach 20 Jahren einsetzen vergleicht einfach mal die harmonischen Abläufe und psychedelischen Soundeffekte mit heutigen Deep House-Produktionen. Wühlkiste.