Love & Fist

Elendiger Herbst
Love & Fist veröffentlichen ein Kleinod heimischer Popmusik und schwelgen dabei im großen Pathos, aber ohne die Fäuste zu ballen.

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Stefan Deisenberger und Jakob M. Kubizek haben sich hörbar Zeit genommen, um ihr stilles Projekt Love & Fist seit ihrer letzten gemeinsamen Zusammenarbeit mit der Formation Superformy zur Vollendung zu bringen. Zwischenzeitlich setzten die beiden unterschiedliche Prioritäten. Während Deisenberger Anfage der Nuller Jahre maßgeblich an der Neuausrichtung von Naked Lunch in Richtung Weilheim schielend beteiligt war, konzentrierte sich Kubizek auf diverse Filmproduktionen. Im Zuge der letzten vier Jahre wurde dann ungezwungen im stillen Kämmerlein drauflos produziert, ohne dabei eine eventuelle Veröffentlichung zu beabsichtigen. Nachdem sich Love & Fist im letzten Jahr dem kleinen aber feinen Kreativ-Road-Trip Nowhere Train angeschlossen haben und durch die finsteren Hinterzimmer Österreichs tourten, schien ein Release nur noch eine Frage der Zeit. Nun steht ein weiterer Beitrag heimischer Popmusik in den Plattenregalen und zum Download bereit, nach einem für österreichische Songwriter sehr erfolgreichen Jahr zu einem denkbar günstigen Zeitpunkt.

Dabei vermittelt das selbstbetitelte Debüt im ersten Durchlauf, angesichts des verhältnismäßig langen Schaffensprozesses, einen unaufgeregten Eindruck. Vermutlich steht dabei der Opener »Point Of No Return« programmatisch für den Entschluss, Intimität aufzugeben und raus in die Öffentlichkeit zu treten. Mit Akkordeon und Pedalsteel-Gitarre wird Kubizek untermalt, der mit zerbrechlicher Stimme von der Liebe und den damit verbundenen Hoffnungen erzählt. Das zentrale Stück der Platte steht jedoch ganz zum Schluss.»Just Because« hat fast alles: Casiovertonte Glückseeligkeit aus dem Deisenberger’schen Zauberkasten, Ukulelen und zu guter Letzt Marilies Jagsch. Ein betörendes Duett über die Schönheit des Lebens mit gut österreichischem, besoffenem Elendigkeitspathos: »What a wonderful day, what a wonderful night/I feel like I’m dying/ And it feels alright«. Im Sumpf, wir hören dir schon schwelgen. Vielleicht hätte dem ersten Wurf von Love & Fist etwas weniger US-Todes-Country-Vorbilder gut getan. Dennoch, eine schöne Herbstplatte und ganz nebenbei ein wichtiger Release für das mit heimischer Musik ohnehin schon üppig bestückte Popjahr.

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