Lysandre

Der einstige Kopf des Duos Girls verarbeitet Schmerz und Liebe in einer schlanken Singer-Songwriter-Platte. Mit allerlei Geflöte und Saxofon.

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Im System seiner Band Girls hat sich Christopher Owens immer als freundlicher und zugänglicher Gossenpoet inszeniert – oder oft nicht groß etwas dagegen unternommen, wenn ihm das Image des sexy Verwahrlosten auf den ausgemergelten Leib projiziert wurde. Das mittlerweile nicht mehr existente Duo aus San Francisco sang von Sex, der Liebe, der Droge, dem Rausch und dem Wahn. Dazu kamen die Geschichten, denen zufolge Owens dank seiner Mutter Teile seiner Jugend im Dunstkreis einer Sekte verbrachte, und jene von einem frühen Leben auf der Straße.

Die Band Girls und die Figur Christopher Owens lebten neben den großartigen Liedern, immer auch von ihrem Junk- und Dosenbier-Charme. Hier war ein Mann, der sich ganz nach Klischee tatsächlich kaum um die Welt zu scheren schien und so ein kleiner Held wurde. Einer der schönsten Lovesongs der Girls nennt sich "Vomit".

Das erste Soloalbum von Owens scheint nun kaum für irgendjemand anderen als den Künstler selbst – und vielleicht noch eine einzige weitere Person – aufgenommen worden zu sein. Es ist das klassische "Selbstreinigungsalbum", der so genannte Befreiungsschlag einer geschundenen Seele. Wie nebenbei aus dem Ärmel geschüttelt, erzählt Owens in traditionellem Songwriter-Habitus und in gerade einmal schlanken 30 Minuten von der ersten großen Tour der Girls, einem Roadtrip, dem Gefühl von Heimatlosigkeit und vor allem von der Liebe zu einer jungen Frau aus Frankreich – sie hat dem Album den Titel geschenkt.

Ein mächtiges Statement wird hier nicht bemüht, eher ein Eintrag zärtlich ins Poesie-Album gekritzelt. Dabei ist "Lysandre" weder schlampig noch schlecht, dieses Album ist eben bloß eine kleine Fingerübung eines höchsttalentierten Songwriters, in der noch dazu ausgiebig Zeit ist für allerlei herrlich an den Grenzen zum Schwulst blasende Saxophone, Flöten und Mundharmonikas. Christopher Owens kehrt sich nach innen, pfeift auf den Rest und besingt ein privates Problem, sehr gerne mag man ihn verstehen.

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