Masse

Gefangen im Soundpool der Masse verlaufen sich fünf Große der Techno-Szene zusehends auf ihrem Avantgarde-Ausflug.

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Die Idee, einen elektronisch beeinflussten Soundtrack zu einem Theaterstück zu produzieren, war in Anbetracht der letzten Monate nicht gerade eine neue. Apparat, Ellen Allien, Pantha Du Prince und einige andere versuchten allesamt diesen schmalen Grat zwischen Listening-Techno und wulstiger Langeweile zu beschreiten – manch einer spannender, manch einer weniger. Anfang 2013 machte sich auf die Techno-Hochburg Berghain daran, mit einer Ballettaufführung in der Hochkultur anzudocken. Dazu produzierte man mit dem Staatsballett Berlin eine opulente Aufführung und holte alles mit Rang und Namen aus dem Betonbunker hervor.

Henrik Schwarz eröffnet das Werk mit „Unknown Touch“ seine Balletsuite #1. Anfangs bleibt es Streich- und Zupfinstrumenten – Gitarre, Bass und Violine – vorbehalten, den Sound zu gestalten. Der Großteil wird organisch erzeugt, erst nach über zehn Minuten kommen erkennbare elektronische Klänge und Instrumente zum Einsatz, nur um dann mit einer Pianosonate seinen Eröffnungsteil zu beenden.

Danach machen sich Marcel Dettmann und Frank Wiedemann, seines Zeichens Innervisions-Gründer und Teil von Âme, oder kurz Dettmann|Wiedemann, ans komponieren. In ihrem Drittel findet man sich in einer beinahe stillen Welt wieder – nur wenige Geräusche schwirren herum, dort und da wummert es sanft. Manchmal werden die beiden konkreter, aber nie zwingend und ernst.

Das Schlussdrittel beginnen Philipp Sollmann alias Efdemin und Marcel Fengler, der im nächsten Monat mit seinem Debütalbum vorständig werden wird, mit ihrem eigens für diesen Release gegründeten Projekt DIN. Sie sind die einzigen, bei denen man eine, zumindest streckenweise, gerade Bassdrum und nicht nur Avantgarde-Skizzen und Geräuschkosmen vor sich hat. Wirklich überzeugen kann dieser Part jedoch auch nicht voll.

Schlussendlich ist "Masse" ruhig, um nicht zu sagen still, geworden. Wenig bis gar nichts tut sich bei den sonst so verlässlichen Beatmakern- und matchern. Ob das alles nun willkommener Ausgleich zu stressigen DJ-Welt oder einfach nur eine nette Spielerei aus dem Studio ist, muss gerade hier mehr als sonst jeder für sich entscheiden. Viele Ideen allein und namhafte Produzenten reichen für einen runden Release in diesem Fall nicht, da wäre Dettmann’s Sideprojekt A.T.O.L. oder ein neuer Efdemin-Release auf jeden Fall interessanter gewesen. Das Ziel, ein anspruchsvolles und durchdachtes Konzeptalbum zu produzieren, wurde hier nicht erreicht.

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