Die Biographie über Wolfgang Fellner, den Gründer von Basta, News und Österreich, liest sich nicht nur als packender Beitrag zur hiesigen Mediengeschichte – sie ist auch ein unterhaltsamer „Wirtschaftsschocker“ über Verhaberung, Unverfrorenheit und die österreichische Sozialdemokratie.
Meine Lieblingsanekdote: In seiner Zeit als – letztlich wenig erfolgreicher – Radiomacher soll Wolfgang Fellner die Musikredaktion der Antenne Wien angewiesen haben, aus allen Songs eine Minute herauszuschneiden, um damit die Hit-Dichte gegenüber der Konkurrenz von durchschnittlich zwölf auf dreizehn Gassenhauer zu erhöhen. Das würde eh niemandem auffallen. Weil eh keiner Englisch versteht.
Harald Fidlers Biographie über Wolfgang Fellner („WoFe”) besteht natürlich aus weit mehr als aus aneinander gereihten Anekdoten. Doch diese Begebenheit in ihrer ungewohnten Unbeholfenheit verdeutlicht, was „Österreichs manischer Medienmacher“ von seinen Hörern und Lesern hält: Er hält sie für ungebildete Deppen. Da mag er noch so oft behaupten, man müsse in seinem Metier die Menschen lieben. Seine Masche ist und bleibt dabei: Er kennt keinen Genierer, der breiten Masse – die er bloß als Anhäufung von Konsumenten, nie als mündige Bürger ernst nimmt – das zu geben, wonach sie giert. Aufklärung? Maximal, wenn ein Skandal die nötige Auflage bringt. Generell ist es meistens lukrativer, mit Managern und Mächtigen Gegengeschäfte zu machen, als gegen die Starken auf Seiten der Schwachen Stellung zu beziehen. So erzählt er den Menschen, was sie lesen wollen – und sehr oft von jenen, die fleißig Anzeigen buchen. Wohl nicht zuletzt, um günstig ins Licht gerückt zu werden.
Fidler, sonst Medien-Journalist der Tageszeitung Der Standard und Fellners erster Biograph, fasst das bewährte Erfolgsrezept WoFes zusammen: „Wolfgangs wilde Wut beim breitenwirksamen Inszenieren von Storys und Skandalen, echten und dazu erhobenen, beim Einspannen von Promis, beim Vorausschreiben von Ereignissen. Gepaart mit seinem manischen Marketingtrieb, unterstützt durch seinen Bruder. Helmuths Beharrlichkeit, potenzielle Werbekunden zu überzeugen, wobei Helmuth sich stets auf redaktionelle Rückendeckung des älteren Bruders verlassen kann.“ So funktioniert das bereits beim Rennbahn Express, den das blutjunge Salzburger Brüderpaar in den 70er Jahren zur damals tonangebenden Jugendzeitschrift des Landes machte. Es funktioniert bei Basta, News und TV-Media. Bei E-Media, davor einigermaßen bei Format, nun eher nicht so ganz beim täglichen Billigblatt Österreich.
Fidler beschreibt den Choleriker WoFe vor allem als genialen Marketingmann, als Meister der self-fulfilling prophecies: der seine wirtschaftlichen, journalistischen und also wieder wirtschaftlichen Erfolge so unverfroren behauptet und herbei schreibt, bis sie ihm alle dann irgendwie doch abnehmen, selbst dazu beitragen, erfüllen helfen. „Krawall-Journalismus“, nannte des ORF-Mann Armin Wolf einmal treffend. Als roter Faden durch alle von Fellners meist sehr lukrativen Aktivitäten zieht sich dabei die SPÖ – besonders das langjährige Win-Win-Gegengeschäft mit dem gern und üppig Anzeigenseiten buchenden nunmehrigen Bundeskanzler Werner Faymann.
„Österreichs manischer Medienmacher“ liest sich flott. Es wird zwischendurch sehr speziell – etwa wenn die sozialen Leserschichten einzelner österreichischer Magazine miteinander verglichen werden – bringt aber neue Facetten über einen in all seiner Ambivalenz letztlich doch faszinierenden, komplex gestrickten Medienmanager. Also eine unterhaltsame Pflichtlektüre für Medienmenschen und politisch Interessierte. Was diesem Buch aber definitiv fehlt: ein Glossar. Die meisten Einträge fänden sich unter den Namen der üblichen Verdächtigen: Niki Lauda, André Heller, Peter Pilz, Vera Russwurm, Jörg Haider, Helmut Zilk und Werner Faymann.