Olympia

Das Bett ist noch kalt. Eingehüllt von Dunkelheit fühlen sich Austra am Wohlsten. Dort, wo der jedermann zum Philosophen wird. Dort und am Dancefloor.

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Austra haben sich mit ihren Debüt »Feel It Break« vor zwei Jahren der düsteren Seite des Elektropop gewidmet, mit einer Mischung aus Kaltschnäuzigkeit und Klagelied, unterlegt mit 80er-Jahre-Synthies. Der Erfolg steht ihnen zu. Seither haben sie die großen Gesten auf der Bühne perfektioniert und Tanzbarkeit zu schätzen gelernt. Aus dem ursprünglichen Dreier, wurde nun eine sechsköpfige Band, in der alle etwas zum Mitreden haben. Mit »Olympia« haben Austra den Rhythmus entdeckt, sagt Sängerin Katie Stelmanis. Sie gibt sich auf »Olympia« viel intimer. Die Texte stehen mehr noch im Kontrast zu den glatten Synthiesounds und dem treibenden Beat, als man es vom ersten Album gewohnt ist. Ihre dramatische, zerdehnte Stimme ist dagegen weiterhin der größte Unterschied zu unzähligen Electropop-Bands, die prinzipiell aus den selben Beats geschnitzt wären. Mit viel Vibrato werden einfache Worte zu mehr als ihrer einfachen Bedeutung, sie bekommen Schwere und Tiefe. Vielleicht noch mehr, weil sie in Kontrast zu computerisierten Rhythmen und billigen Synth-Sounds stehen. Ein monumentaler Echoraum um die menschlichen Stimmen des Albums verstärkt den Eindruck noch weiter, dass es sich hier um Tragödien handeln könnte, die ihre eigene, offensichtliche Vergänglichkeit eben doch transzendieren.

Die Geschichten sind nicht neu, eine Angst, was eine Geliebte denn dazu anstiftet die ganze Nacht über nicht nach Hause zu kommen oder die Frage, was sie denn tun muss, damit ihr vergeben wird. »Sleep« zieht mit dezenten Gesten einen Spannungsbogen, der in ein ausbrechendes Schlagzeug mündet. Eine gut ausgewogene Dynamik wie hier beherrscht auf »Olympia« die meisten Songs. Man kehrt gerne zurück zu dieser seltsamen Mischung aus tanzbaren Songs und dunkler, beklemmender Stimme, die überraschenderweise beim zweiten Album besser als jemals zuvor funktioniert, die aus den Ruinen eines Dancefloors gebaut ist, Caspar David Friedrich in der Disco, Selbstporträt mit fiedelndem Tod, quasi.

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