Onionoise

Warum Karotte?
Das Vegetable Orchestra zerhackt Gemüse zu Soundbits. Aus einem wunderbar unnötigen Konzept treiben geschmackvolle Geräusch-Kompositionen aus.

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Österreicher sind ein bisschen vertrottelt. Selbstdisziplinierung ist hier bei uns ganz groß. Immer wieder gibt es Bands, die sich ein konzeptuelles Korsett umbinden und dann tun als wäre es das Beste der Welt, nur mit der Stimme Dub-Reggae-HipHop zu machen, live wie Kronprinz Rudolf auf einen Laptop zu starren oder nur mit Gemüse Musik zu machen. Dieselben Leute haben sicher als Kleinkinder ihrer Mama gezeigt, wie sie ohne Hände Rad fahren können. Ja, wir sind stolz auf euch. Und zum Glück gibt es auch genug Erwachsene, die diesen Drang noch in sich haben.

Beim Vegetable Orchestra führte die Entscheidung, Gemüse zu Musik zu verkochen, jedenfalls mal zu einem hervorragenden Artwork. Porree, Karotte, Kohlrabi und Aubergine, Kürbis, Paprika und Blumenkohl sind auf dem Cover von »Onionoise« und im Innenleben appetitlich drapiert. Das Auge hört mit. Im Grunde funktionieren die lebenden Instrumente des Vegetable Orchestra wie alle anderen Instrumente auch: Sie schwingen wie die Stäbe eines Xylophons selbst, oder man schickt Luft durch sie durch und versucht die Höhe der Luftsäule zu kontrollieren, was dann zu unterschiedlich hohen Tönen führt; oder versucht sonst mit Schütteln, Klopfen, Reiben oder Anzünden das Gemüse und seinen Hohlraum zum Klingen zu bringen. Keine große Sache. Nur eben: alles aus Gemüse. Gemüse ist nun von sich aus nicht besonders laut, selbst mit Verstärkung entstehen nur subtile Sounds. Das Orchester quietscht, pfeift, knistert und klöppelt, und das fast ohne Melodie. Denn die ist schwer zu bekommen. Wenn die Kompositionsanordnung dann mikrofoniert und aufgenommen wird, sind Krautschädel und Mangold die Klangmedien, die technischen Apparate entscheiden aber ebenfalls mit, wie sich das anhört.

Man könnte in diese Rohkost-Arrangements alles Mögliche hineininterpretieren, vom Klang der Natur und der Organik des Klangs, aber eigentlich sitzen da zwölf Leute, deren leicht vertrottelte Idee auf viel Gegenliebe stößt. Würde das Orchester mit Wegwerf-Sackerln musizieren, wäre die Aufregung um die Sackerl-Philharmonie halb so groß. Aber hier gibt es was zu essen und zu hören. Mmmmh … und ist frisch auf der Bühne zubereitet sicher schmackhaft. Aber selbst in der Musikkonserve für daheim ist der »Onionoise« des Vegetable Orchestra durchwegs anregende Geräuschmusik.

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