Onwards Towards Our Noble Deaths

Mizuki erzählt von der Absurdität jenes Krieges, den er überlebt hat. Dabei vergießt er auf jeder Seite eine Träne, lacht aber zugleich auch herzhaft.

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Zweiter Weltkrieg. Die japanische Armee hat in Rabaul auf Papua Neu Guinea einen Stützpunkt errichtet. Da sind die Soldaten, mit ihren komischen Gesichtern, ihren Sorgen und albernen Possen. Als Karikaturen gezeichnet, als Menschen porträtiert. Manche sind Nationalisten, viele sind es nicht. Einige sind freiwillig in den Krieg gezogen, die meisten wurden einberufen. Sie sind die universelle Form des tragikomischen Soldaten, der brave Soldat Schwejk, nur dass Witz und Gerissenheit sie nicht retten können. Sie werden in den Suizid befohlen. Hinter ihnen bricht die Realität auf den Seiten des Manga. Wie von Fotografien kopiert sind dort Palmen und der Urwald, Waffen und Gebäude zu sehen, die Wolken und Bomben und Explosionen. Aber die Bomben scheinen hier den Riss in der Wirklichkeit zu flicken, denn die Karikaturen werden zu Leichen und die Leichen, die auf dem verkohlten Boden liegen, sehen auch aus wie auf Fotos. Was ist echt? Die Karikatur des Menschen oder dessen Leiche?

Shigeru Mizuki hat den Zweiten Weltkrieg überlebt. Er verlor dabei einen Arm, aber nicht seine Lebensfreude, wenn man vom Foto auf dem Einband von »Onwards Towards Our Noble Deaths« schließen darf. Er ist einer der populärsten Mangaka, schon früher aktiv als Osamu Tezuka sogar und trotz seiner 89 Jahre immer noch produktiv. 1973 veröffentlichte er »Soin gyokusai seyo!«, das jetzt zum ersten Mal von Drawn & Quarterly ins Englische übersetzt und veröffentlicht wurde. Mizuki fiktionalisierte darin seinen eigenen Einsatz auf Papua Neu Guinea und das Grauen, das er dort erlebt hatte. Der Humor, den er im Angesicht menschenverachtender, lebensvernichtender Politik und Megalomanie entwickeln konnte, stimmt einen demütig. Er benutzt dieses Werkzeug nicht, um gegen »den Krieg« als entkörperten Dämon der Zivilisation zu wettern, sondern wendet sich gegen den eigentlichen Kern des Übels. Sein Protest richtet sich gegen eine Ideologie, in der abstrakte Machtansprüche entfernter Generäle durch das Blut der Soldaten zementiert werden und geht dorthin, wo die schleierhaften Gründe des Kampfes, überhaupt nicht mehr, nicht einmal in den kleinsten Spuren, fassbar sind.

So zeigt er uns die Karikaturen von Menschen, denn im Krieg sind sie keine echten Menschen, solange sie noch am Leben sind, sondern erst, wenn sie in den Tod geschickt werden. Dabei singen sie ein Lied über das schwere Los der Huren in den Bordellbaracken der Stützpunkte. Und man weiß nicht, ob sie letztlich nicht über ihr eigenes Schicksal singen.

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