Fröhliche Seichtgebiete
Mit den richtigen Referenzen stürmt ein neuseeländisches Quintett den Pophimmel. Die feinen Unterschiede sind ihnen dabei egal.
»Punching In A Dream« macht einen auf billig. Der Song imitiert mit einer angetrancten Synth-Melodie, die sogar Owl City in Sachen Schmierigkeit Konkurrenz macht, die zwei größtmöglichen Elektropop-Schablonen der letzten Jahre: MGMT und Empire Of The Sun. Natürlich wird das mit seinen »Uh, Uh, Uh, Uhuuhu« und »Wooho« überall funktionieren, in der Werbung, der Indie-Disco, im Stadion, auf YouTube – und kam auch prompt zu den Serien »Vampire Diaries«, »Skins« und »Gossip Girl« auf Schaltung. Gib Seife. Aber hey, mit Bretter durchschlagenden Beats in den Sonnenuntergang, wer will da schon ein Spielverderber sein? Nicht weniger eingängig, aber ein paar Steinwürfe subtiler fällt dagegen »Young Blood« aus, die Debütsingle der Band, die mit kristallin glitzernden Synth-Sprenkeln und einem Video umwirft, das weder eine Geschichte erzählt, noch ein Performance-Video sein will, sondern stattdessen energische Gesten und flüchtige Momente der Freiheit, des Glücks und des Verschwindens einfängt. Ein solches Video hat tatsächlich die Fähigkeit, einen Moment in der Zeit zu definieren, wie MGMTs »Time To Pretend« oder »1979« von den Smashing Pumpkins. Zu solchen Bildern jault das Herz.
Es geht um das Debüt des neuseeländischen Quintetts The Naked And Famous. Trotz eines tief hängenden Electropop-Nebels sind ihre Referenzen klug gewählt. Das Mann-Frau-Vocals-Duo umschmeichelt sich elegant, der scharfe Duft der 80er Jahre wird mit einer Prise Shoegazing gedämpft, auf »The Sun« klingt die Band wiederum fast nach Radioheads »Idioteque« und bei »A Wolf In Geek’s Clothing« setzt es sogar Double Bass-Geknüppel. Huarg! Mit einer Stimme, die einige Ähnlichkeiten zu Karin Dreijer Andersson von The Knife aufweist, steht man außerdem jenseits allzu eindeutiger Nischen. NME und BBC hatten es Anfang 2011 natürlich wieder einmal gewusst, dass diese Band groß werden wird. The Naked And Famous sind allerdings kein Act für junge Feinschmecker, sondern Musik, bei dem sich ältere Herren auf Festivals ein neues Bier holen werden, weil der Bereich vor der Bühne weiträumig mit Akne zugeparkt ist. Na klar, geht doch Bob Dylan und Bright Eyes hören. Diese Party hier ist sowieso besser, Widerstand ist … nicht zwecklos, aber auch nicht nötig.