Den Untertitel dieser literarischen Autobiografie – „Eine Erschütterung“ – löst der 1954 in Rostock geborene Autor schon auf den ersten Seiten, für die er den heurigen Bachmannpreis erhielt, ein.
Mit vier Jahren wird er von seiner in die BRD flüchtenden Mutter alleingelassen, von Heim zu Heim verfrachtet und potenziellen Adoptiveltern wie eine Ware feilgeboten, ehe ein liebloses Lehrerpaar ihn aufs Funktionieren im bigotten DDR-Staat trimmt. Der sprachlichen Retardierung folgt die emotionale Verkrüppelung, dann Mutterfixierung, die Wawerzinek in bildreicher, mit Kinder- wie Militärliedern versetzter Sprache episodenhaft erzählt. Ein Fluchtversuch als Grenzsoldat scheitert am Mut, anstatt des vorbestimmten Lehrerdaseins arbeitet er in Fabriken, dann als Literat. Erst kürzlich gelang es ihm, die nunmehr zehnfache Mutter zu finden, und die jahrzehntelange Überhöhung implodierte. Resultat: Das dunkel fulminante Selbstzeugnis eines Schreiblebens als Kampf ums Leben.