Der Kanadier hat in einer isländischen Kirche über Sounds meditiert. Sein mit Verzerrung aufgebrochener Ambient hätte so viel innere Ruhe gar nicht nötig.
Vielleicht ist es das Piano. In älteren Produktionen des Kanadiers Tim Hecker verschwamm es zumeist, wurde unter einer dichten Ambient-Isolierung begraben, zog seine behutsamen Spuren wenn, dann in weiter Ferne. Auf „Ravedeath, 1972“ selbst auf den Tracks ohne Piano herrscht eine seltsame Eindeutigkeit. Die Stimmung kippt immer wieder. Wo früher Melodien, Harmonien und Stimmungen inmitten einer haarfein arrangierten Klangarchitektur nur angedeutet wurden, ist das Rätselhafte, das bloß Erahnte gleich ein paar Finger breit entfernt worden. Vielleicht liegt es auch an der Kirchenorgel. Im Juli 2010 spielte Tim Hecker „Ravedeath, 1972“ in einer Kirche in Reykjavík ein. Die verblasste, weltliche Post-Spiritualität, die im Sound des Albums durchscheinen soll, lässt sich nicht so leicht vom Assoziationsballast befreien und geht bei gläubigen Hörern avantgardistischer Elektronik – soll es ja geben – wohl ungefiltert als Spiritualität durch.