Die Sleigh Bells führen den Maximalismus-Krieg mit anderen Mitteln fort. Harter Soft Rock, Harmonie-Raketen und Suizid verstärken das Lautstärke-Arsenal.
Die Sleigh Bells haben nicht mehr alles auf Anschlag gedreht. Außer in ihren Texten. Da regiert Verzweiflung. Leute sterben, kommen nie zurück, versuchen sinnlos etwas zu erreichen, zerstören sich selbst, brennen, morden und sind generell eher misslungene Zeitgenossen. Die Gitarren klingen nach Motorsägen und sägen dir die Hoffnung ab, während dir die heilige, doppelte Bassdrum im Stakkato in die Magengrube fährt. In vielem erinnern die Sleigh Bells an Atari Teenage Riot, Ratatat und die Chrystal Castles. Wie diese schaffen sie das Kunststück einen Ansatz, der schwer nach Eintagsfliege roch, so weiter zu entwickeln, dass er ganze Alben trägt, wieder erkennbar und gleichzeitig kaum zu kopieren ist.
Die Sleigh Bells nehmen sich dabei ein paar Zutaten aus der großen Americana-Kiste, Girl Groups, Hard Rock, Cheerleaders, Optimismus und drehen sie gegen sich selbst. „Comeback Kid“ – die Lead-Single – kann als ein zynischer Kommentar zur Lage der US-Nation, dem ewigen Comeback Kid, verstanden werden: Versuch es ruhig weiter, gewinnen ist nicht möglich. „Never Say Die“ gleicht einem schwindelnden Irrgarten aus sich verschränkenden Metal-Riffs. Dass sich eine Drum Machine, eine V-Gitarre und eine Karamell-Stimme sogar als Plattform für Power-Balladen eignen, beweist „You Lost Me“. Immer wieder drehen sich Harmonien wo anders hin als man sich erwartet, leihen sich mitunter aufgebrochene Akkordfolgen aus Metal und Grunge. Wenn daraus der Schlachtruf einer Generation wird, schreien wir gern mit.