Zwischen Ambient, Chilldrone, Glitch, Wavegaze und hauntologischem Pop unterstreicht Fennesz seine Ausnahmestellung in abstrakter Elektronik.
Wo Christian Fennesz auftaucht, ist „Endless Summer“ nicht weit – ein Album, das im Jahr 2001 einem ganzen Genre eine neue Richtung gegeben und es mit Sprungenergie aufgeladen hat. „Endless Summer“, das war auch der Titel eines Beach Boys Albums und das in der Nostalgieschleife steckende Motto des nun doch schon ein paar Sommer andauernde Reiten auf den Gezeiten von Chillwave. „Endless Summer“ ist heute tief im Laptop eingraviert. Fennesz scheint dagegen in eine Art Phase schon wieder nach der Postapokalypse angekommen zu sein, drei Jahre nach dem eher düsteren Album „Black Sea“, mit dem Fennesz einmal mehr sein Sensorium für Gegenwart unter Beweis stellte, die da gerade von den Schockwellen der anhaltenden Finanzkrise ergriffen wurde.
Vier Tracks sind auf „Seven Stars“, auf der A-Seite zwei ältere Tracks, die Fennesz auch schon live gespielt hat. Eröffnet wird mit dem ergreifenden „Liminal“, dessen Twin Peaks-artige Synths die Trauer und den Wind der Platanen in sich tragen und gepaart mit Harmonien werden, die dicke Strahlen der Hoffnung in eine drückende Dunkelheit hinein setzen. Wie selten hört man hier Fennesz’ Schlüsselsound in Klarheit, seine Gitarre, die doch normalerweise zwischen schweren Verzerrerschwaden wie unter pinker Watte begraben irgendwo auszumachen sind. Nicht so auf „Liminal“.
Ein zartes, rhythmisches Knacken durchzieht gleichermaßen alle Tracks – wie ein entferntes Echo der Glitch-Sounds der Neunziger, aus denen man damals ganze Alben zimmerte. Auf „Seven Stars“ sind die digitalen Störungen nur noch ein Artefakt, ein Zitat und gleichzeitig gehört Glitch heute zum legitimen Zeichenvorrat elektronischer Musik, so wie der Sound eines Fender-Verstärkers zu Rock und Roll.
Diese EP ist ragt in Ambient hinein, ohne aber dessen frei fließenden Sound-Ströme, die nebenbei gehört werden wollen, sondern „Seven Stars“ wurde mit konzentrierten, sonischen Partikeln angereichert. Statt Melodien setzt Fennesz genau dosierte Pinselstriche, setzt Sounds und harmonische Fragmente an ganze bestimmte Stellen, die dann fast wie im Post-Impressionismus ein größeres Ganzes ergeben; und das mit einer Maltechnik, die zwar anfangs und von nah schwer fassbar ist, aber ungeahnte Ausdrucksmöglichkeiten bietet und von Fennesz über die Jahre immer weiter perfektioniert wurde. In vier recht unterschiedlichen Varianten scheint dieses Können auch auf „Seven Stars“.
In anderen News: 2012 wird Fennesz mit dem RSO zusammenarbeiten, ein vollwertiges Fennesz-Album wird wohl auch in Arbeit sein, also keine Premium-Kollaborationen Ryuichi Sakamoto, Jim O’Rourke, Mika Vainio oder Sparklehorse. Und dass Fennesz sowieso einer der wichtigsten Musiker aus Österreich ist, haben nun auch unsre Social Media Music Charts ausgespuckt.