Stitches

David Small verarbeitet ein persönliches Trauma aus seiner Jugend und bereichert dabei das Genre der autobiografischen Comics immens.

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Egal ob als Kind oder als Erwachsener, die meisten Menschen wollen gehört werden. Wir wollen kommunizieren und interagieren, benutzen dabei unser primäres Werkzeug: Sprache. Wenn wir das nicht können, dann leiden wir. David Small ist heute ein erfolgreicher Autor und Illustrator, seine Kinderbücher wurden bereits mehrmals ausgezeichnet. Er hat damit seine menschliche Prägung zur Kommunikation erweitert. Seiner Gestik, Mimik und Sprache auch noch die Fernwirkung von Schrift und Illustration beigefügt. Im Alter von 14 Jahren besaß Small aber nur seine Stimme. Und die wurde ihm fast weggenommen. Auf der einen Seite wurde ihm Kommunikation entzogen, in einem Haushalt, in dem die Mutter nichts aus sich herausließ und auch nicht duldete, wenn dies jemand anderer tat und der Vater sich weigerte zuzuhören und Flucht in Arbeit und Hedonismus suchte. „Kinder sollten gesehen und nicht gehört werden“ – dieser Ausspruch dürfte für den jungen David Small eine Realität gewesen sein. Im Krankenhaus, mit 14, erfährt er, dass die angeblich harmlose Operation, die ihn ein Stimmband und beinahe seine Stimme kostete, in Wahrheit der letzte Strohhalm war, um ihn vor seinem wachsenden Krebs zu schützen. Niemand hatte ihm das gesagt. „Stitches“ türmt diese bedrückende Stille, das Schweigen, das einen großen Teil von Smalls Kindheit und Jugend prägte, zu einem unsichtbaren Berg auf, der jeglichen Hilferuf erstickt. Wenn Worte fallen sind sie zumeist verletzend oder täuschend. Vor allem in den Episoden mit seiner Großmutter und den späteren Erlebnissen ohne Stimmband und ohne Stimme, zeigt sich in Smalls innerem Monolog ein Riss. So wie die Narbe einer Operation, mit der Small zu leben lernte, ja, die ihn vielleicht sogar dazu zwang, neue Wege zu finden sich mitzuteilen. Der Alptraum aus Smalls Vergangenheit bleibt mahnend stehen und ist nicht einfach so wieder gut gemacht. Das ist dann anscheinend auch weniger die Absicht. Vielmehr scheint es, als würde Small sich nur etwas von der Seele reden wollen. Dem Zuhörer bleibt es überlassen, ob es hier etwas zu lernen gibt.

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