Studio One Ironsides

Soul Jazz Records hat in seiner Lieblingsmine gegraben und wohl die essentiellste Compilation des legendären Reggae-Labels Studio One herausgebracht.

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Das „Motown des Reggae“ hatte seine goldenen Jahre genau in der Zeit, die diese Compilation umspannt. Von 1963 bis 1979 nahm Herz, Seele und Labelgründer von Studio One, Clement „Coxsone“ Dodd unzählige jamaikanische Künstler in dem gleichnamigen Studio in der Brentford Road in Kingston auf. Inzwischen heißt sie Studio One Boulevard.

Bis Dodd 1980 nach New York zog hatte er Alben für einige der bekanntesten Reggae-Künstler produziert, darunter Bob Marley And The Wailers, Johnny Osbourne, The Skatalites und Lee „Scratch“ Perry. Unter den hier gesammelten „Ironsides“ finden sich Hits wie Raritäten aus dem Katalog des Labels und die ganze Bandbreite jamaikanischer Musik. Roots Reggae, Rocksteady, Ska, Dub und Dancehall. Auf Patois oder Englisch. Mit einfacher Instrumentierung, saftigen Bläsersätzen oder Dub-Soundspielereien. Mit diesem Querschnitt als günstigen Ausgangspunkt lassen sich – je nach Gusto – die weiteren Compilations der Studio One-Reihe entdecken, die sich auf bestimmte Aspekte wie z.B. Funk-inspiriertem Reggae, Klassikern, weibliche bzw. männliche Künstler und die verschiedenen Stile konzentrieren.

Das Charakteristische an Musik aus Jamaika macht mehr aus als der Off-Beat, der aber viel zum typischen Feeling beiträgt. Alle 18 Songs der Sammlung haben es in sich – und lassen gleichzeitig den Einfluss populärer afro-amerikanischer Stile der 60er und 70er erkennen. Marcia Griffiths‘ „Mark My Word“ und „Another Night“ von The Soulsister sind die jamaikanische Antwort auf Diana Ross und Co. Und auch wenn Cornel Campbell „I’m Still Waiting“ singt, ist der Soul-Einfluss deutlich zu hören. Liebe in all ihren Stadien ist entsprechend das Thema vieler Songs – neben Rastafari-Kultur, Lebensfreude und einer Ode an den Boxer Joe Frazier.

Es gibt die typischen Qualitätsschwankungen einer Compilation, aber der Sampler bewegt sich auf hohem Niveau, mit Ausreißern vor allem nach oben. „Danger In Your Eyes“ von den Paragons mit einer einfachen aber äußerst wirksamen Bläser-Linie oder der „Three Mile Skank“, einer Deejay-Version, in der Lone Ranger über dem „Full Up“-Riddim improvisiert. (Deejay oder DJ in der jamaikanischen Musik bezeichnet einen Vokalisten, der zu einem instrumentalen Riddim "toastet" und singt. Nicht zu verwechseln mit den DJs in anderen Genres, die fürs Plattenauflegen verantwortlich sind. Die nennt man auf Jamaika Selectors.) Die Beziehungen von Versions zu den Original-Riddims verrät Reggae-Historiker Noel Hawks in den Liner Notes, die bei dieser Compilation besonders hilfreich sind.

„Ironside“ war übrigens der Name eines der Sublabels von Studio One. Da die Radio-DJs der jamaikanischen Sender darauf achteten, nicht zu viel Musik eines einzelnen Labels zu spielen, erfand Dodd angesichts der vielen hochwertigen Studio One-Produktionen dieses und weitere wie Coxsone, Bongo Man oder Money Disc. Dem ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen.

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