Swim

Noch einmal richtig Zoo sein

Caribou stechen mit dem Partyschiff „Arche Noah“ in See. An Bord die ganze Arten- und Stimmenvielfalt dieser Welt. Doch was ehemals psychedelisch war, klingt nun tanzbar und mittlerweile erstaunlich düster.

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Soweit ist es alles noch einfach: Caribou heißt eigentlich Dan Snaith, er ist Kanadier und studierter Mathematiker, hat 2007 mit dem psychedelischen „Andorra“ viel Lob und 2008 dann gleich die kanadische Entsprechung des Mercury Prize eingestreift. Ab da wird es etwas verwirrend. Drei Jahre später ist Caribous Entwurf von „Dance Music“ eigentlich ein hohles Kartenhaus. Die Beats drücken nie richtig an, verändern sich in Richtung vielschichtiger Arrangements. Sie sind wie viele Melodiespuren leicht verhaspelt, während die Klangwelten hörbar aufgebrochen wurden: Polyrhythmische Verwehungen schleichen umher, verstimmte Dance-Pianos wandern durchs Stereo-Panorama, dumpfe Unterwasser-Bässe, Rave-Panflöten, an Pantha Du Prince gemahnende, tibetische Glocken geben nicht nur dem Track „Bowls“ ihren Körper, Blechbläsersätze, Scherbenpercussion, verquer-chaotische Streichersprenkel, entstellte Steel Drums, elektronische Orgeln sowieso – Caribou bringt all das in ein zartes Gleichgewicht, erschafft Songs abseits eines eindeutigen Songformats, erzeugt immer wieder Wucherungen und zeigt dass all diese vermeintlich disparaten Stimmen in gerade einmal neun Tracks Platz haben. Wie Papa Noah bringt Caribou sie aus allen Ecken und Enden zusammen, schwebt selbst mit seiner an Erlend Oye erinnernden Stimme über den flirrenden Tracks. Caribou schafft dabei so etwas wie eine groß angelegte Metapher auf den Zeitgeist. One Fauna under a Groove!

Caribou ist aber auch Teil dieses Zeitgeists. Die Band gehört zu jenen unzähligen Bands der letzten Jahre, die ein Tier im Namen führen; ganz besonders solche, die durch die globale Erwärmung bedroht sind. Grizzly Bear, Panda Bear, Deerhunter, The Antlers, Crystal Antlers, Polar Bear, Owl City, Deerhoof, Animal Collective. Oder eben Caribou. Die bedrohte Natur scheint aber nicht immer nur auf der Ebene von Namen wider. Auch in den Videos von Caribou sind Naturräume in der Krise. „Swim“ selbst mischt und spaltet sehr organische mit elektronisch-synthetischen Sounds. Der eher poppig-träumerische Klang des Vorgängers ist drei Jahre später einem resignativen Grundtenor gewichen. Und „Swim“ wird so auch zu einem süßen und tänzerischen Abgesang auf die Zeit vor der Sintflut.

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