The Ghost In Daylight

Mit seinem sechsten Album errichtet der englische Musiker Nick Talbot verspuktem Folk und Shoegaze eine neue Kathedrale – heute weihevoller denn je.

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Die Markierungen und ästhetischen Zeichen im Schaffen von Nick Talbot verschieben sich von Platte zu Platte nur unmerklich, jedes neue Album scheint nur kurz fokussiertes Dokument eines ewigen, bedächtigen Mäanderns, eines gelassen vor sich hin wogenden Sounddesigns zu sein.

Auf dem sechsten – und bislang besten – Longplayer seines Projekts Gravenhurst errichtet der im englischen Bristol beheimatete Multi-Instrumentalist so wieder eine monumentale, dabei völlig bescheiden in der verregneten Landschaft herumstehende Kathedrale aus Milchglas, die zuvorderst auf den Pfeilern von Shoegaze, delikatem Fingerpicking an der akustischen Gitarre und psychedelisch verspuktem britischen Folk der 60er und frühen 70er ruht.

Die auf früheren Platten da und dort behutsam in die Klangnebel von Gravenhurst eingespeiste Elektronik ist auf „The Ghost In Daylight“ – ein allzu passender Titel übrigens – verschwunden, die sepiafarbenen Ambient-Flächen, die dieses Album durchziehen, sind nunmehr vollständig dem alten Orgel-Fuhrpark entfahren, im Hintergrund ertönt ein leises Mellotron.

Hier umspielen und durchkreuzen sich abermals ins Ohr geflüstertes Songwritertum im Sinne eines Nick Drake und zärtlich vibrierende Drones. Dieses Mal verzichtet Talbot jedoch nahezu komplett auf verzerrte Gitarren, die auf „The Western Lands“ noch verstärkt unter dem Effektpedal aufheulen und mitunter gar „rocken“ durften. Alles hier ist zerbrechlich und traurig und schön. Eine in Watte gekleidete Musik, man muss sie auspacken, ganz langsam, sie in den Setzkasten stellen, immer wieder zu ihr zurückkehren – und den Atem anhalten.

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