The Social Network

Nerds am Rande des Nervenzusammenbruchs

David Finchers Facebook-Film ist weniger Social-Media-Zeitgeistdrama als altmodisch scharfzüngiges Gerüchteküchenkino in stilvoll abgedunkelten Interieurs.

»He’s expanding!«, exklamiert einer beim Betreten seines schmucklosen Collegezimmers, als hätten eben die Truppen des Gegners einen Belagerungsring um seine Trutzburg gezogen. Der Feind, der vor der Tür steht, ist kein intriganter Monarch in einem elisabethanischen Drama, sondern ein Studienkollege Anfang 20, den man inzwischen als jüngsten Milliardär der Welt und geschäftstüchtigen Missionar gegen die Irrlehre namens »Privatsphäre« kennt: Dem umstrittenen Facebook-Erfinder und -Geschäftsführer Mark Zuckerberg greift das Hollywooddrama »The Social Network« in Sachen Populärmythologisierung kräftig unter die Arme. Die im Film vorgenommene Dramatisierung der Gründungsgeschichte Facebooks in ihren unschönen Details mag Zuckerberg nicht goutieren (wenn er sich den Film, wider eigenen Beteuerungen, überhaupt ansieht). Aber dafür erscheint der Programmierer-Entrepreneur, den man aus YouTube-Videos als steifen Grüß- und Lächelaugust kennt, in der Darstellung durch Jesse Eisenberg (»Juno«, »The Squid And The Whale«) als überlebensgroß undurchschaubares Wunderkind-Arschloch, das seinen Gegenübern pausenlos scharfzüngige Repliken aus der Feder von Politentertainer Aaron Sorkin (»The West Wing«) ins Gesicht schmeißt. Wer würde sich da nicht geschmeichelt fühlen?

Wie sich Zuckerberg, sein Partner Eduardo Saverin (Andrew Garfield) und die zwei Unternehmer-Zwillinge Cameron und Tyler Winklevoss (ein fulminanter Armie Hammer in einer Doppelrolle) über die Lancierung und den frühen Erfolg von Facebook in die Haare kriegen, das hätte sich auch als spitze Satire auf asoziale bis erfolgsgeile Elitejungmänner verbraten lassen. Autor Sorkin und der ganz tight und mätzchenlos inszenierende David Fincher legen dagegen zwar Wert auf absurde Details und haarsträubende Dialogakrobatik, aber sie nehmen ihre Figuren so ernst, dass es öfter weh tut: Im guten, wenn hinter den Egokriegen größere kulturelle und soziale Fronten spürbar werden (etwa zwischen dem jüdischen Aufsteiger Zuckerberg und den vor patrizischem /entitlement/ strotzenden Winklevosses); und im schlechten, wenn der Film seinen Szenen manchmal eine düstere Dramatik gibt, die diese Protagonisten und ihre Konflikte einfach nie rechtfertigen. In den stilvoll abgedunkelten Interieurs von Finchers Inszenierung führen sich Zuckerberg und Co. dann manchmal eher wie Akteure eines imaginären Königsdramas auf, denn wie starrsinnige Collegeboys. 7/10

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