Mach keine Fisimatenten, mach brave Folklore-Musik.
Die Genrebezeichnung „Folk“ wird mit dem Schweizer Macuso Vikovsky in einen neuen Kontext gesetzt. Wo sich Mumford&Sons, Dry the River und Fleet Foxes tümmeln hat Folklore nicht mehr viel Platz. Dort verankert sich Part Eins des vorliegenden Albums, jener Teil, den man getrost überhören kann. Doch zumindest in der zweiten Hälfte des akustischen Debütalbums versammeln sich Folklore-Stücke, die Namen tragen wie "Polka", "Balalaika" und "Back from Central Asia" und hier im Multikulti-Mix wird auch halbwegs ausgemerzt, was in den ersten sechs eher mau dahinplätschert.
Nomen est Omen: Balalaika, Banjo, Ukulele, Klarinette und eine Horde Percussions – nichts ist vor dem Alleinmusiker sicher. Plötzlich bringt die bunte Instrumentenschar Schwung in die Partie und fremdartige Zupfinstrumente verbreiten Urlaubsflair in den zuvor noch überdrüssigen Gewohnheitsbrei. Die Do-It-Yourself-Technik erlaubt befremdende Blockflötenquietscher, selbst wenn sie unrhythmisch sind. Es freut sich, wer Improvisation schätzt und weltoffen unterwegs ist.
Der Albumtitel „Visite ma tente“ (zu deutsch: Besuchen Sie mein Zelt) soll einladend wirken. Entgegen einem möglichen Ursprung der Redewendung kann das Angebot aber nur geziemt gemeint sein, so brav wie sich das Album verhält. Unspektakuläre Saitenzupferei hat wenig mit dem Spruch „Besuch’ mein Zelt“ zu tun, den Sprachforscher für die Urform der deutschen, etwas altväterlich klingenden Redewendung von den „Fisimatenten“ halten. Angeblich haben französische Besatzungssoldaten nach dem Ersten Weltkrieg oder sogar schon zu Zeiten Napoleons im Rheinland der Damenwelt das frivole Angebot eines tête-à-tête in Militärzelten unterbreitet, worauf sich die Deutschen mit dem verballhornenden, gleichwohl humorlosen „mach keine Fisimatenten“ revanchierten. Das ist also eine andere Geschichte…