Auch wenn Wolfsbilder durch sind: Wer so ein Cover hat, kann keine schlechte Musik machen. Zu mehr als durchschnittlichen Wohlstands-Indie reicht es trotzdem nicht.
Der Eröffnungstrack „Control“ überrascht mit kleinen Sprenklern von der Gitarre, die sonst so ruhig dahintrabt, der Klang eines Banjos mischt sich dazu, Post-Grunge Harmoniewechsel und Streicher. Auch wenn die Songstruktur sonst sehr konventionell ist und sich die Stimme gar konform an den Vorgaben von Band und Gesellschaft entlang schlendert – dieser Song ist besonders. Das war es aber tendenziell schon mit Boy Android. Boy Android vertonen die Melancholie deutscher Abiturienten, wie die Wölfe auf dem Albumcover blicken sie in die Ferne, träumen den Rudeltraum von Ungebundenheit und wildem Leben, nur um zu entdecken, dass die Natur längst handzahm ist und die biografischen Bahnen viel ähnlicher verlaufen als man sich das jemals eingestehen wollte; wegen der Liebe, wegen des Geldes für den Urlaub, das Restaurant, die Wohnung, dem zweitbesten Job, der Sicherheit und den Annehmlichkeiten.
Einmal mehr wird bürgerliche Daseins-Melancholie durchgespielt, besungen, sie wird brav auf mittlerem Tempo arrangiert, während die Flucht im Albumtitel nur rhetorisch bleibt. Denn mit der Musik steht man bereits mit zwei Beinen im Leben und Sterben des Mittelstands. „Walk / Run / Flee“ ist Musik wie sie seit zwanzig Jahren in immer neuen, endlosen Variationen gemacht wird und nur so selten über alle Signifikanzschwellen dringt. Aber als Musterbeispiel dieses Modells ist das Debüt von Boy Android ganz schön treffend.