Russische Bräute, russische Exzesse

Die gibt es beim »Vienna Photo Book Festival« zu sehen – auf Hochglanzpapier in einem selbst-gestickten Buch. Hier gibt’s the best of dieses außergewöhnlichen Events.

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Fotosammelbände sind kein Massenphänomen. Sie werden nicht von großen, sondern von kleinen, unabhängigen Verlagen publiziert. Oder einfach per Hand von den Verfassern erstellt. Die Anzenberger Gallery und die Galerie Ostlicht veranstalten zum zweiten Mal das »Vienna Photo Book Festival«.

Raritäten der Fotobuchszene

Diese exklusive Zusammenkunft von Fotografen, Studenten und Verlagen aus ganz Europa bietet skurriles, dokumentarisches und qualitatives Fotomaterial in den unterschiedlichsten Buchformen. Die vorgestellten Bücher sind meist gar nicht, oder nicht mehr im Handel – man kann sie eben nur auf Festivals wie diesen kaufen. In der erstmals veranstalteten »Vienna Photo Book Review« bekommen ausgewählte Künstler und Künstlerinnen die Gelegenheit, ihre Bücher in 20-minütigen Vorträgen zu präsentieren.

Star der Veranstaltung ist Josef Koudelka. Bekannt wurde der Tscheche mit bahnbrechenden Fotos vom Prager Frühling, als 1968 sowjetische Truppen beim nördlichen Nachbarn einmarschiert sind sowie in den 1970er Jahren durch seine Arbeit bei der Fotoagentur Magnum. Er selbst wird zu Gast sein und mit dem Architekten und Fotografen Gerry Badger über seine langjährige Laufbahn sprechen.

»Land of Milk and Honey«

Ein sehr ungewohnter Fotoband ist »The City Of Brides« von Alena Zhandarova. 100% handmade in Russia bietet dieses süße, weiß-getupfte Büchlein eine Foto-Sammlung, die mehr als bloße Porträts russischer Bräute abbilden. Hier ein Fisch als Kopfdekoration, da ein freier Busen à la Janet Jackson – ein liebevoll gestaltetes Buch.

Martin Parr – Magnum-Fotograf und Sammler von Fotografien – hat mit seinem eigenen Band »Grand Paris« die alljährliche Pariser Touristenbelagerung im Sommer mit der Linse festgehalten. Der einzige Österreicher, der es bis jetzt in die Martin Parrs Fotosammlungen geschafft hat, ist Paul Kranzler. Mit »Land of Milk and Honey« präsentiert er seine fotografische Teilnahme am »ganz normalen« Leben eines älteren Ehepaars.

Ekstase in Dauerschleife

Das mit dem Deutschen Fotobuchpreis 2014 ausgezeichnete Werk »be happy!« ist eine Entdeckung, auf die die Anzenberger Gallery besonders stolz ist. Die beim letztjährigen Festival von Martin Parr gefundene Ausgabe stammt von Igor Samolet und bietet einen unverblümten Einblick in zügellose Maßlosigkeit russischer Jugendlicher. Samolet »begleitet« eine Clique zwei Nächte lang und dokumentiert ihren Drogenexzess, ihre sexuellen Orgien und alles andere auch. Dazwischen die Nachwehen des nächsten Tages. Die Mischung aus inszenierter und dokumentarischer Arbeit versucht das, was in Ekstase passiert, authentisch zu präsentieren und zu hinterfragen.

Eines der ungewöhnlichsten Exemplare an diesem Wochenende wird das Buch »Issue 8 of Amc2« sein. Die Sammlung von Thomas Sauvin sieht geschlossen aus wie ein Parfum und ist aufklappbar wie ein Fächer. Dieses Buch beinhaltet mit seinen anonymen Porträts ein Fragment chinesischer Gesellschaft und Identitäten zwischen 1930 und 1980.

Was das »Vienna Photo Book Festival« noch zu bieten hat, das könnt ihr euch am 14. und 15. Juni in der Galerie Ostlicht sowie in der Anzenberger Gallery selbst anschauen.

Bild(er) © Igor Samolet
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