Sandros Jahresendlisten 2021

Alle Jahre wieder blickt unsere Redaktion auf die popkulturellen Highlights der letzten zwölf Monate zurück. Mit streng subjektivem Blick. Was Sandro Nicolussi aus 2021 besonders in Erinnerung bleiben wird, könnt ihr hier nachlesen.

© Alessia Celentano

Puh, ja, was soll man am Ende dieses Jahres noch groß dazu sagen, außer dass es einem 2021 richtig leicht gemacht hat, mal wieder den Begriff »Scheißjahr« auszugraben. Niemand redet mehr von der Krise als »Chance«, dennoch muss man im sehr gerechtfertigten Pessimismus nicht auch noch den letzten Hoffnungsschimmer ausblenden.

Musikalisch war es immerhin ein gutes Jahr und auch in (kultur-)politischen Kontexten hat sich einiges getan, worauf es sich im kommenden Jahr fokussieren lässt: Österreich bekommt beispielsweise mit Deck eine DJ-Gewerkschaft, die im Hintergrund bereits wichtige Arbeit leistet und im kommenden Jahr hoffentlich aufblühen kann. Auch sonst gründen sich laufend Labels und Initiativen, Kollektive und Organisationen, die es sich im deutschsprachigen Raum und international zum Ziel machen, die eigenen Ellbogen einzuklappen und solidarisch miteinander für eine Gesellschaft zu arbeiten, in der Kultur inklusiv stattfinden kann.

Darüber hinaus haben wir heuer erstmals alle Freitags-Playlists in einem Archiv gesammelt, das nun rund 600 stolze Titel von Artists aus Österreich und der Welt sammelt. Das sind knappe 40 Stunden Musik. Aber: Less talk, more rock. Deshalb anbei eine Momentaufnahme jener Releases, die mir aus den letzten 52 Wochen hängengeblieben sind (und nicht sonst schon in den vielen Jahresrückblicken unserer und anderer Redaktionen Erwähnung fanden). Die folgende Aufzählung erhebt weder Anspruch auf wertende Reihung der Releases noch auf Vollständigkeit. Wir lesen, hören und sehen uns (hoffentlich) im neuen Jahr.

Top 10 Releases »österreichischer« Künstler*innen

Manic Youth – »Funland« (Sissi Records)

Kurz vorm Ende des Jahres ballern Manic Youth ein Paket samt Platte ins Homeoffice. Passt gut, denn zur sich anschleichenden Wintermüdigkeit kommt diese musikalische Mischung aus Arschtritt und Umarmung genau richtig.

Lan Rex – »Absatz 1« (Tender Matter)

Tender Matter fokussiert auf die Musik queerer Personen und hat dieses Jahr ganz schön was abgeliefert. Lan Rex hat dafür ihren früheren Stage Name zum EP-Titel gemacht und das Kollektiv aka Label früh im Jahr auf die Karte gebracht.

Witch Ghetto – »Rehearsal 2021« (Urban Lurk)

Die Besetzung der 2021 gegründeten Band liest sich wie ein Querschnitt aus beinahe allen Musiker*innen, die in Wien in den letzten Jahren so richtig laut und düster waren. Genau so klingt auch das Tape, das auf dem zu beachtenden Kleinlabel Urban Lurk erschienen ist. 2022 wird das Jahr der Tapes, die unter der Ladentheke gehandelt werden.

Privat – »Ein Gedächtnis rollt sich auf der Zunge aus« (Alter)

Zwei Roberts (Schwarz und Pawliczek) stecken Modularsynths und Stimme zusammen, sodass alles auch noch ins Auto passt. Minimalistisch und wohl genau deshalb so durchschneidend eingänglich.

Rojin Sharafi – »Kariz« (Ventil Records)

Ventil war in den vergangenen Jahren schon ein Garant für clevere elektronische Musik. Heuer war es das neue Album der aus dem Iran stammenden Rojin Sharafi, das das westliche Rhythmus- und Harmoniegefühl auf besonders bemerkenswerte Art und Weise herausgefordert hat.

Wandl – »Baby Boy« (s/r)

Keine Ahnung, ob Wandl mit dieser EP einen Sommerhit schreiben wollte, fest steht aber: Er hat es getan. Abwechslungsreich (auch innerhalb einzelner Tracks), groovy und schmiert runter wie Öl.

Sky Burrow Tales – »Seafarin’ & Backporchin’« (Feathered Coyote Records)

Wenn drei Nummern einer Platte mit plätschernd-wässrigen Field-Recordings anfangen, darf dafür auch mal eine Noise Wall ran. Wenn dann noch Gitarrenriffs durchblinzeln, die an Autofahrten zum Fußballmatch auf Vaters Rücksitz erinnern, pickt die Mischung.

Voyage Futur – »Virtual Moonlight« (Vill4in)

Eines von vielen Projekten Wolfgang Möstls, der mit seinem Output selbst Money Boy in den Schatten stellt – quantitativ betrachtet. Situationsbedingt hängt diese Platte noch im Regal eines freundlichen Bestellkumpels und wurde bisher nur digital gehört. Tut der Sache aber keinerlei Abbruch.

Fauna – »With a Little Help from My Außerirdische Friends« (s/r)

Manche Tracks bleiben alleine wegen des Titels hängen. Dieser Youtube-Release von Fauna, die letztes Jahr mit dem Album »Synchronia« in den Rückblicken aufpoppte, schaffte zusätzlich noch eine merkwürdige Musik-Video-Schere.

Mala Herba – »Demonologia« (Aufnahme + Wiedergabe)

Als Co-Gründerin des Kollektivs Sounds Queer war die in Wien wohnhafte Polin Mala Herba lange darauf bedacht, marginalisierten Menschen den Zugang zum Musikmachen zu erleichtern. Mit ihrem Album »Demonologia« spielte sie sich dann durch viele der wenigen möglichen Festivals in Europa. Zu Recht!

Honorable mentions:

Modecenter – »Modecenter« (Numavi Records)
Wienerzucker – »I glaub euch ka Wort« (s/r)
Conny Frischauf – »Die Drift« (Bureau B)
Lukas Moritz Wegscheider – »Not Even Stalin Wiretapped the Dead« (Heart of Noise)
Tape Moon – »Absent« (Mottalan Music)

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