Silicon Valley

Aus dem Wunderland des Internets, einem Disneyland der Entrepreneure, einem Tal, in dem sich die Gründer von Google und Facebook Gute Nacht sagen, berichtet Andreas Klinger, Co-Gründer eines in Österreich unter viel Schweiß groß gezogenen Start-ups namens Garmz.com.

Aus rechtlichen Gründen werden Artikel aus unserem Archiv zum Teil ohne Bilder angezeigt.

Meine Anreise ins Silicon Valley war dem Klischee eines Start-ups würdig. Dank Kälte und alkoholbedingter Überschätzung des Immunsystems über Nacht noch krank geworden, verbrachte ich die gesamte Zeit bis zum Abflug auf einer Flughafen-Toilette, mit dröhnendem Kopf, hochgeklappten Sitz und vollgekotzter Schüssel. Auf dem Flug, eingespannt zwischen einem übergewichtigen Amerikaner und einer superfleißigen Asiatin, konzentriert auf ihre ultra-effiziente Arbeit an ihrer Diplomstudie, hätte ich mich körperlich und sozial kaum unbehaglicher fühlen können. Regelmäßige Atemübungen, die meinen Magen unten hielten während der Flieger nach oben ging, machten mich vermutlich auch nicht zur Idealvorstellung eines Sitznachbarn. Und so verbrachte ich gefühlte 20 Stunden in Selbsthypnose, fixiert auf das Entertainment System, auf dem Weg ins gelobte Land – Silicon Valley, das Land der Träume und ökonomischen Seifenblasen.

Exit-Zombies …

Silicon Valley hat mich dann persönlich sehr überrascht. Unter perfekten Sonnenschein präsentiert sich eine kleine, harmonische, typisch amerikanische Vorstadt. Unglaublich rühig, breite saubere Straßen, schöne Sequoia-Bäume, ein paar nette kleine Kaffees. Ich erwartete Touristenströme, Glücksritter und Coder auf den Gehsteigen. Nichts dergleichen. Geht man zur richtigen Zeit in den richtigen Starbucks, fühlt man sich in seinen Google-Reader oder Twitter-Stream versetzt. Das Who-is-Who der Webszene schlürft hier den Chai-Latte, und als Neuling weiß man nicht, ob man Fotokamera oder Unternehmenspräsentation, Autogrammheft oder Scheckbuch herausholen sollte. »Anybody you see in this coffee place, at least those with a laptop, has at least half a mill in the bank«, hörten wir vom Chief of Product von Flipboard, die gerade zehn Millionen US-Dollar geraised haben, um die US-Medienwelt auf den Kopf zu stellen. Wie verrückt das Tempo ist, merkt man erst so richtig, wenn man erfährt, wie schnell die A-Liga agiert. 50.000 US-Dollar werden nach Background-Check spätestens beim zweiten Meeting gerne unterschrieben. Wer innerhalb von wenigen Monaten nicht abhebt, gilt als Bruchlandung. Aussagen wie »Yeah, but you want to avoid ending with a 100 million exit zombie!« muss man als Europäer erst mal verdauen. Denn 100 Millionen bei Verkauf des Unternehmens werden dort als etwas Negatives betont.

… hungry as hell

Wir waren auch auf Meetings bei Facebook und Google – zwei Unternehmen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Der Google-Komplex ist riesig: Das legendäre Building 43 in der Mitte, und ein Raum verrückter als der andere. Man fühlt sich etwas wie in Charlie’s Chocolate Factory. Unser Guide mit knapp 140cm Körpergröße half auch nicht wirklich gegen diese Vorstellung.

Die Facebook-Zentrale hingegen sind einfach riesige Räume mit einer unendlichen Menge an Tischen und großen Bildschirmen. Man hat das Gefühl, mitten in einem Hivemind gelandet zu sein. Alle und alles hat ein Ziel. »Move fast and break stuff.« Und auf jedem Laptop klebt »This journey is 1% finished«. Treffender als Dean Frankenhauser von Nuji.com hätte ich es nicht sagen können: »Mark is building this f***ing army and they are hungry as hell«. Die Energie in diesen Räumen ist absolut ansteckend, angesichts der Macht von Facebook gleichzeitig aber auch irgendwie beunruhigend.

Innerhalb einer Woche haben wir einen guten Teil des Who-funds-Whom von Silicon Valley getroffen, konnten einige wichtige Personen von Garmz überzeugen und haben hoffentlich Kontakte aufgebaut, die auch von Europa aus halten. Ich hätte es nicht geglaubt, aber dieses magische Land, in dem ständig die Sonne scheint und in dem man Ideen vor Probleme reiht, gibt es tatsächlich. Und als ich bei der Landung in Europa in meinem E-Mail-Eingang die sechste Ablehnung der österreichischen Creative Industries-Förderung vorfand, hatte ich nur einen Gedanken: Verdammt, ich will

Themen:
Newsletter abonnieren

Abonniere unseren Newsletter und erhalte alle zwei Wochen eine Zusammenfassung der neuesten Artikel, Ankündigungen, Gewinnspiele und vieles mehr ...