Sonnentanz, unser Nothing Else Matters

Dem geilen Saxophon eins hinterher schieben? Klangkarussell machen stattdessen ein relativ deepes Album. Im Interview erzählen sie was den Charakter verdirbt, dass es nicht Geld ist und dass sie gern einmal mit Dorian Concept und Cid Rim arbeiten würden.

Ein Name wie „Berlin“ löst ja im Techno-Kontext viel aus, gibt’s da eine spezielle Inspiration oder einen Moment für euch?

AH: Ganz unspektakuläre Geschichte, „Berlin“ angefangen, „Berlin“ geheißen, nie geändert worden.

TR: Es hat aber schon auch eine Bedeutung, weil es in Berlin entstanden ist und wir dort mit Produzent Jochen Schmalbauch zusammen gesessen sind.

Habt ihr oft in Berlin gefeiert?

AH: Es geht. Meistens in der Hotelbar.

Gerade sind Rants über den EDM-Zirkus und Abzocke in der Clubkultur sehr beliebt, wie Seth Troxler, Deadmau5, Dave Grohl oder Discodemons

TR: Vielleicht weil sie nicht um dieselben Gagen spielen.

AH: Das ist so ein Ding, komm Alter, wenn da 500.000 Leute feiern wollen, dann haben die ja irgendwas davon, die sind ja nicht deppat und zahlen 700 Dollar für ein Wochenende, wenn ihnen das nicht taugt. Also kann ich drüber schimpfen, aber muss ich nicht. Ich versteh aber schon was man meint. Wenn man aus der Clubkultur kommt, dann ist das bedrohend, weil man es als Abnahme von Qualität wahrnimmt, die man ja so gern hat.

Gibt es etwas, das euch da nervt?

AH: Ist nicht meine Musik, für mich klingt das militärisch. Ich versteh warum es funktioniert, aber ich reg mich nicht drüber auf. Und Tanzmusik hat immer schon nach dem Prinzip funktioniert, Intro, Break, Aufbau, fettes Halligalli, ist ja nicht neu.

Die Art was für ein Business draus geworden ist, ist aber doch anders?

TR: Alles ist ein Business. Egal wo.

AH: Underground wird immer irgendwann bekannt werden und wenn es bekannt ist, wird es ein Business.

TR: Die im Underground wollen alle kein Geld verdienen.

AH: Ist ja auch verständlich und kein Problem.

Verändert Geld den Charakter?

AH: Nein. Ich glaub Drogen verändern den Charakter.

TR: Wir sind ja keine Millionäre. Man verdient angemessen und es ist schön, wenn man sich super Boxen aus England kaufen kann, ohne einen Kredit aufzunehmen.

Wann habt ihr gewusst, ihr müsst und wollt ein Album machen?

AH: Wir haben von Anfang an für ein Album unterschrieben und haben das damals ja schon fast zur Hälfte gehabt.

Bei wie vielen Tracks habt ihr überlegt, ob da noch Stimme dazu passt.

AH: „Sonnentanz“ war ja schon fertig für die Vocal-Version. Das Label will das in England veröffentlichen, das sagt, wär cool, wenn wir Vocals hätten, weil man auf der BBC laufen möchte, die sagt aber, schön und gut, ist instrumental, spielen wir nicht. Im ersten Moment wollten wir da gar nicht mitmachen, haben dann aber Will Heard getroffen und es hat uns gefallen. Natürlich ist es auf die Zwölf, aber wir konnten dahinter stehen. Man darf halt keine Angst vor Popmusik haben.

Das ganze Album ist ja doch dünkler ausgefallen, als man sich das erwarten konnte, mit rauen Synths und Bässen. Ist das so passiert. Warum nicht mehr „Sonnentanz“?

TR: Voll. Uns gefällt halt melancholische Musik. Wir stehen dahinter, das ist das Wichtigste für uns.

AH: „Sonnentanz“ ist quasi unser „Nothing Else Matters“.

Was kommt nach Remixen für Lykke Li und Laura Mvula noch?

TR: Wir probieren uns an Remixen, wenn wir die Zeit haben. Manchmal kommt man nicht weiter, der Knopf geht nicht auf. Dann geht’s halt nicht.

Habt ihr da einen besonderen Zugang? Remixe von Kruder Dorfmeister waren etwa schon mehr eigene Songs …

AH: Ist bei uns so ähnlich. Wir nehmen meistens nur die Vocals. Bis auf Lykke Li.

Mit wem würdet ihr in Österreich gerne mal zusammenarbeiten?

AH: Dorian Concept, sag ich. Cid Rim. Sohn finde ich auch extrem geil.

Ihr habt in einem Interview auch mal Crack Ignaz erwähnt?

AH: Jaja, der ist lustig.

„Herbert Prohaska“ – Weltnummer.

AH: Weltnummer, ja. Auch ein Ripoff eigentlich. Ich mags.

Live sieht man bei euch, dass ihr mehr bieten wollen. Deadmau5 oder Steve Aoki drücken ja bekanntermaßen nur auf einen Knopf …

TR: Der hat auch vorher schon 20 Jahre auf einen Knopf drücken müssen, dass er dahin kommt. Der wird ja nicht da hin getragen. Der hat Alben und Fans.

AH: Wir arbeiten mit zwei Computern, da kommen ein paar Synths, die Kick, um den technoiden Charakter zu behalten. Wir haben beide bisschen Percussion, triggern Samples, spielen ein paar Keyboard-Parts. Es soll für uns selbst interessant bleiben. Ich könnte mich nicht hinstellen, einen Knopf drücken und Hände in die Luft, das wär ja schrecklich.

Ist da mal was arg schief gegangen?

AH: Ja klar, immer wieder.

TR: Ich hab einmal den Stromstecker gezogen.

(Gelächter)

AH: Aber das war perfekt im Takt weg. Man verspielt sich immer mal wieder.

Wo ist denn jetzt euer Fokus, ihr seid jetzt für sechs Termine in den USA auf Tour …

TR: Ohne freien Tag.

AH: Einen. Das wird eine Promo Day, hab ich gehört.

TR: Werden wir gleich wieder rauslöschen aus dem Kalender.

(Gelächter)

AH: Wir machen zwei Mal Support für Hot Chip, das andere sind Headline-Shows. In Miami waren wir schon einmal. Natürlich ist es schön in den USA erfolgreich zu sein.

"Netzwerk" von Klangkarussell erscheint am 25. Juli via Universal.

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