Elisa Rose und Gary Danner, a.k.a. Station Rose, blicken per Buch analog auf ihre "20 Digital Years plus" zurück. Begleitet wird die Werkschau von einem Sampler und einer DVD, die eine Auswahl ihrer Web- und Videoprojekte dokumentieren.
Als Netz-geprägter Leser schlägt man das Buch von Station Rose irgendwo auf und beginnt zu lesen. Da geht es um die Jahren 1993, 1994. Station Rose veranstaltete damals regelmässige Gunfada-Clubbings in Frankfurt. Während man sich durch die Tracks des beigelegten CD-Samplers durch diese Jahre hört und parallel die Titel dazu liest, sticht "Digital Bohemian Lifestyle" aus dem Jahr 1995 ins Auge. Ein Begriff, den man zeitlich eher später vermutet.
1994 nutzte Station Rose für intensive Produktionstätigkeit. Fast 300 Tage waren sie damals im Studio und online. Der durchschnittliche Facebook-User mag darüber mit den Schultern zucken, doch für damalige Zeiten war das Rekord. Im Bewusstsein dessen kreierten die beiden "Ureinwohner des Netzes" – wie sie einer der überwiegend lesenswerten Einleitungsessays benennt – den Begriff "Digital Bohemian Lifestyle". Im folgenden Jahr – 1995 – begaben sie sich in eines ihrer webbasierten Selbstexperiment, das sie als "digital cocooning" bezeichneten. Sie reduzierten dafür die öffentlichen Performances auf ein Minimum, so wie auch den notwendigen Einkauf auf einmal in der Woche. Das etwas paradoxe Ergebnis davon war, dass sie mehr Öffentlichkeit hatten, obwohl sie zu Hause saßen; denn ihre Website zog tausende Betrachter an und auch die Ars Electronica Jury des Jahres 1995 erwähnte die Seite ehrenvoll ("honourable mention" in der Kategorie "World Wide Web").
Damit entdeckten sie das Phänomen der Online-Präsenz, das bekanntlich viele Nachahmer fand. Überhaupt stellen viele Station Rose Projekte Pionierarbeit im digitalen Raum dar, was auch ihre Webcast-Serie beweist, die 1999 startete – sich momentan aber im "pause modus" befindet.
"Station Rose" war der Name für einen Offspace im vierten Wiener Bezirk, mit dessen Eröffnung im Jahr 1988 die beiden Oberösterreicher früh Ausstellungsfläche für Medienkunst boten. Ihr Background war ein Modestudium, er brachte Punkbanderfahrung mit (Stichwort: The Vogue) und beide verband (nicht nur) das Studium an der Universität für Angewandte Kunst. Durch diese Mischung und den unterschiedlichen Stationen ihrer Tätigkeiten – die sich schwer einem Genre zuordnen lassen: Medienkunst, Netzkunst, Musik, Video? – ergab sich ein buntes Werk, das nicht nur wegen des Pioniergeistes fasziniert. Die Veröffentlichung "20 Digital Years plus" präsentiert gut dokumentiert (dazu werfe man bei Interesse auch einen Blick auf ihr digitales Archiv) die einzelnen Stationen von Station Rose.
Natürlich gibt sich auch die aktuelle Website von Station Rose auskunftsfreudig:
Station Rose 20 Digital Years plus. 1988–2010
Paperbook 16,5 x 22 cm
192 Seiten