6 spannende Wiener StylistInnen im Porträt
Wo sind die Wiener StylistInnen? Meistens im Hintergrund. Wir holen sie vor den Vorhang und befragen sie zu ihrem Werdegang, ihren Erfahrungen und ihrem Arbeitsalltag innerhalb der Branche.
von Sabrina LehnerAngelina Jolies Bein wäre kein Meme geworden, wenn ihre Stylisten ihr nicht zu einem schwarzen Kleid mit Schlitz und der dazu „passenden“ Pose geraten hätte. Kleidung auswählen, Shootings organisieren, verschiedene Stücke kombinieren, wieder zurück zu den Firmen schicken… Wir haben sechs Wiener StylistInnen gefragt, wie ihr Arbeitsalltag aussieht, ob es einen klassischen Werdegang dafür gibt und wieviel Prozent ihrer Zeit sie wirklich mit Styling verbringen.
Simon Winkelmüller
Simon Winkelmüller hat sich nach dem Abschluss am Modekolleg Michelbeuern und einem Praktikum beim Flair Magazin selbstständig gemacht. Kürzlich hat er Germanys Next Topmodel-Gewinnerin Barbara Meier gestylt, die in einem Kleid von der österreichischen Designerin Eva Poleschinki bei den diesjährigen Golden Globes war.
Welche Vor- und Nachteile hat Wien als Stadt, deinen Job betreffend?
Wien hat – wie in so vielen Bereichen – auch in der Mode noch jede Menge Aufholbedarf, gleichzeitig aber großes Potenzial. Man kann viel ausprobieren, experimentieren und – soweit es die leider oft noch etwas konservative Chef-Etagen und die Leserschaft zulassen – neue Ansätze ins Spiel bringen. Für mich war das Featuren und Integrieren von jungen, spannenden Labels in meiner Arbeit schon immer wichtig. Außerdem kann Wien neben seiner zentralen Lage innerhalb Europas auch durch Lebensqualität und Preis-Leistungs-Verhältnis,punkten.
Inwiefern denkst du, beeinflusst man als StylistIn das Kaufverhalten der Menschen?
Klar, durch die Zunahme der Online-Medien und Blogs verlagert sich das Potenzial und Interesse immer mehr in diese Bereiche und deren Relevanz wird größer. Dadurch wird der Einfluss, den Print-Medien und damit auch von mir mitproduzierte Geschichten haben, kleiner.
Sofern im aktuellen Marken-Überfluss jedoch Labels mit einer Geschichte und einem guten und ansprechenden Produkt in einer nachvollziehbaren Preisklasse gezeigt werden, die sich abseits von H&M, Bershka aber auch abseits der oftmals ebenfalls in Billig-Ländern produzierten Highend-Labels wie Louis Vuitton oder Jil Sander platzieren, kann ein Feature eines Stylisten jedoch sehr wohl kaufentscheidend sein.
„Ich würde jedem raten, erstmal Erfahrungen zu sammeln, die über das Schauen von ‚Der Teufel trägt Prada‘ hinausgehen.“ – Simon Winkelmüller
Wie wird man StylistIn? Gibt es einen typischen Werdegang?
Den typischen Werdegang gibt es kaum. Ich würde jedem raten, erstmal Erfahrungen zu sammeln, die über das Schauen von „Der Teufel trägt Prada“ hinausgehen. Stil und Gespür haben viele, aber alleiniges Mode-Fachsimpeln über Trends, Designer oder Looks reicht in der tatsächlichen Arbeitswelt nicht aus. Da ist schon Ehrgeiz, Durchhaltevermögen, aber auch die Fähigkeit, sich erstmal unterzuordnen, gefragt. Man darf sich natürlich nicht ausnützen lassen oder unter seinem Wert verkaufen, allerdings gehören Überstunden, mühsame Assistenz-Zeiten und Arbeit am Wochenende zum Alltag, bevor man sich ein Stück vom Kuchen abschneiden kann.
Vor allem Assistenz und das Über-die-Schulter-Schauen bei anderen sehe ich als wichtige Phase, um sich an den Job erstmal heranzutasten, Sicherheit zu gewinnen und zu sehen, wie eine Produktion tatsächlich abläuft.
Was war der Grund für dich als Stylist zu arbeiten?
Ich fand es immer schon spannend durch Kleidung einer Geschichte oder einer Person einen bestimmten Ausdruck bzw. eine Richtung zu verleihen. Zudem kommt die tägliche Arbeit mit interessanten Persönlichkeiten. Man entdeckt viele neue Orte und hat die Möglichkeit, sich kreativ zu entfalten. Und klar – ungelogen – ein bisschen Glamour erhofft man sich anfangs schon – auch wenn dieser Wunsch schnell relativiert wird.
Bei mir hat alles mit der Ausbildung an einer Modeschule begonnen. Nach fünf Jahren Schule und einem intensiven Produktionspensum wollte ich zwar weiterhin im kreativen Bereich arbeiten, allerdings mit bestehenden Stücken. So habe ich dann beschlossen, mich eher auf Styling und Produktion zu konzentrieren.
Guy Debast
Guy Debast ist eigentlich gelernter Florist, arbeitet jetzt aber als Stylist, beispielsweise für Zeitschriften wie das Elite Magazin, für das er Editorals mitgestaltet.
Worin besteht beim Ausleihen der Kleidung der Unterschied zwischen Großkonzernen und kleinen Stores?
Für mich ist es sehr wichtig, vor allem mit österreichischen Designern und Designerinnen zusammenzuarbeiten. Ich denke, dass man neue Talente unterstützen sollte und ihnen eine Chance geben muss, ihre Arbeit in öffentlichen Magazinen zu präsentieren. Meiner Meinung nach ist es auch viel persönlicher, mit den Designern direkt zu sprechen, um die Geschichte hinter den Entwürfen zu erfahren. Die Bedürfnisse der Designer wahrzunehmen und eine gute vertrauliche Basis für eine Zusammenarbeit zu schaffen, gehört für mich dazu. Mit Großkonzernen hat man im Gegensatz dazu meist nur eher oberflächlichen E-Mail-Kontakt.
Wie bist du auf die Idee gekommen, als Stylist zu arbeiten?
Am Anfang habe ich als Florist für verschiedene Luxushotels in Belgien, Frankreich und in der Schweiz gearbeitet. Als ich nach Wien kam, habe ich vor allem bei großen Events gearbeitet und war beispielsweise bei Bällen in der Hofburg oder beim Lifeball für die Deko mitverantwortlich. Um meine Arbeit besser präsentieren zu können, erneuerte ich meine Homepage und organisierte ein Shooting mit zwei Models vor einer Wand aus Blumen. Einige Wochen später kontaktierte mich Magazin, das meine Bilder veröffentlichen wollte. Aufgrund der positiven Resonanz beschloss ich, mehr Fotoshootings zu organisieren und mittlerweile habe ich meinen Job als Florist sogar aufgegeben. Allerdings verwende ich nach wie vor gerne Blumen in meinen Shootings, da sie hervorragend mit Mode harmonieren.
„Ich denke, dass man neue Talente unterstützen sollte und ihnen eine Chance geben muss“ – Guy Debast
Wie viel Prozent des Jobs besteht aus aktivem Styling?
Da ich als Artdirector für die Shootings verantwortlich bin, startet alles mit einer guten Idee. Zuerst arbeite ich an einem Moodboard mit Inspirationen für Haare und Make Up, passenden Locations und möglichen Models. Danach stelle ich mein Team bestehend aus einem Fotografen, einem Make Up-Artist und den Models zusammen. Die eigentliche Arbeit als Stylist beginnt dann mit der richtigen Auswahl der Kleidung. Ich kontaktiere verschiedene Designer und begebe mich auf die Suche nach dem perfekten Look. Die meisten Magazine verlangen sechs bis acht Bilder mit der gleichen Anzahl an Marken – somit stelle ich etwa zehn oder zwölf Looks zusammen. Am Set bin ich dann verantwortlich für die Umsetzung und die Einhaltung des Moodboards. Ich sorge dafür, dass alles passt und die bestmögliche Umsetzung stattfindet. Nach einem Shooting arbeite ich dann auch noch mit dem Fotografen bei der Nachbearbeitung der Bilder zusammen.
Welche Vor- und Nachteile hat Wien als Stadt, deinen Job betreffend?
Wenn man an große Modestädte denkt, kommen einem zuerst Namen wie Paris, Mailand oder New York in den Sinn. Wien hat vielleicht noch keinen großen internationalen Stellenwert, ist jedoch im Moment eine aufstrebende Modemetropole im Angelpunkt zwischen Ost- und Westeuropa mit vielen neuen, jungen und frischen ambitionierten Designer. Hier hat man einen ganz eigenen Sinn für Mode und Style, eine Mischung zwischen klassischer Eleganz und Avantgarde. Ganz nach dem Motto: Wien ist anders. Und als Stylist ist es genau deswegen sehr spannend für mich diesen Prozess aktiv mitzugestalten und Wiener Design mehr ins Rampenlicht zu rücken.
Weiter zu: Mad Lions und Brick&Mortar