Die Swinging Sixties gehören zu London wie Pop zu England generell. In den 60er Jahren war die britische Popkultur ihrer Zeit voraus. „England’s Dreaming“ bringt die Filme dieser Ära auf die Leinwand des Filmmuseums.
If... (1968), Lindsay Anderson
Der erste Teil der Trilogie um Mick Travis, gespielt von Malcom McDowell, befasst sich mit dessen Schulzeit. Körperliche Strafen und Erniedrigungen durch ältere Schüler sind auf der englischen Privatschule an der Tagesordnung. Durch die Eskalation am Ende, sahen manche den Film nicht nur als Kritik am englischen Schulsystem, sondern gar als Warnung.
The Knack … And How To Get It (1965), Richard Lester
Wie man Frauen rumkriegt beschäftigt auch heute noch viele (männliche) Charaktere in Filmkomödien. Richard Lester war als Regisseur von den Beatles-Filmen „Yeah Yeah Yeah“ alias „A Hard Day’s Night“ und „Help!“ genau der Richtige um das Swinging London der 60er auf charmante und komödiantische Weise darzustellen. Das erkunden die Hauptfiguren dann auch gern mal mit einem Bett als Fortbewegungsmittel.
Peeping Tom (1960), Michael Powell
Nach den erfolgreichen Sissi-Filmen suchte Romy Schneider einen Image-Wechsel im französischen Kino. Auch ihr Filmpartner Karlheinz Böhm wechselte mit „Augen der Angst“, so der deutsche Titel, in ein von seinem Kaiser Franz weit entferntes Rollenfach. Unter der Regie von Michael Powell ist er dortals Voyeur zu sehen, der Menschen tötet, um die Todesangst in ihren Augen auf Film festzuhalten. Diese Lust am Töten löste einen Skandal aus und fiel in Großbritannien, aber auch in Deutschland, massiver Zensur zum Opfer.
Repulsion (1965), Roman Polanski
Der im Deutschen mit “Ekel” betitelte Film ist ein Beispiel für Filme, die vom englischen Kino der Zeit beeinflusst wurden. Der polnisch-französische Regisseur Roman Polanski verlegte auch die Handlung seines Psycho-Horror-Dramas nach London. Dort lebt Carol, gespielt von Catherine Deneuve, mit ihrer Schwester zusammen in einem Apartment. Sie wirkt oft apathisch und verhält sich besonders seltsam gegenüber einem Verehrer, dem Geliebten ihrer Schwester und Männern generell. Ihre eigene, verdrängte Sexualität, von der sie ebenfalls angewidert scheint, führt zur Eskalation, als sie ein Wochenende alleine in der Wohnung verbringt.
The Rolling Stones: Charlie is My Darling (1965/2012), Peter Whitehead/ Mick Gochanour
Nicht nur die Beatles, sonder auch ihr Counterpart, die Rolling Stones, wurden in den 60ern filmisch verewigt. Allerdings wurde dieser Film bis 2012 nie offiziell veröffentlicht. Erst vergangenes Jahr erschien die von Mick Gochanour überarbeitete Dokumentation u.a. als Super Deluxe Edition. Das Zeitdokument begleitet die Band an einem Konzertwochenende in Irland. Es zeigt einen interessanten Punkt ihrer Karriere, als sie gerade mit “(I Can’t Get No) Satisfaction” auf dem Sprung zum internationalen Durchbruch waren. Wie die heutigen Legenden mit der wachsenden Aufmerksamkeit umgingen, erfährt man dabei aus nächster Nähe.
Witchfinder General (1968), Michael Reeves
Der Horrorfilm von Michael Reeves trat eine Welle an ähnlichen Werken zum Thema Hexenverfolgung los. Vincent Price als brutaler Inquisitor, der zur Zeit des englischen Bürgerkrieges (1642-1649) durch die Lande zieht, Unschuldige der Hexerei bezichtigt und töten lässt, soll durch den Konflikt mit dem Regisseur – laut Eigenaussage – zu einer seiner besten Schauspielleistungen angetrieben worden sein. Für Michael Reeves sollte es der letzte Film seiner Karriere sein. Mit nur 25 Jahren starb Reeves, der an Depressionen litt, an einer Überdosis Schlafmittel.
The World Ten Times Over (1963), Wolf Rilla
Trotz Zensur einiger Filme herrschte in den Sechziger Jahren generell eine liberalere Einstellung gegenüber Sexualität. Das führte dazu, dass das britische Kino auch pikantere Themen behandeln konnte. „The World Ten Times Over“ zeigt das Leben zweier Prostiuierte - oder nennen wir sie Nachtclub-Hostessen -, die sich ein Apartment teilen. Ihre Freundschaft wird durch Liebes-Affären und Familienprobleme auf die Probe gestellt.
Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung nach dem zweiten Weltkrieg verbreitete sich in Großbritannien eine generelle Aufbruchsstimmung. Eine liberale, hedonistische und konsumorientierte Jugendkultur entstand, die kulturell extrem produktiv und kreativ war. Entscheidender Motor war Musik – Beatles, Kinks, The Who, Rolling Stones und Pink Floyd sind nur die bekanntesten Namen. Es entstanden Subkulturen wie die Mods, die sich stark über Musik identifizierten. Gerade in der Mod-Kultur spielte auch Mode eine große Rolle. Die britische Mode-Szene der 60er war am Puls der Zeit und brachte erste Supermodels wie Twiggy, Veruschka oder Jean Shrimpton, die Ikone der Swinging Sixties, hervor.
Im Vergleich zum Kunst-Kino aus Frankreich und zum Hollywood-Kino hat Großbritannien im Allgemeinen kaum einflussreiche Filmkultur hervorgebracht, aber in den Swinging Sixties kamen von der Insel auch prägende Filmproduktionen. Klassikern und seltenen Schätzen aus den Jahren 1959 – 1971 widmet sich die Reihe im Österreichischen Filmmuseum. Musikfilm, Agentenfilm, sozialistische Doku, Drama, Horror – diverse Genres sind vertreten und auch Filmemacher aus anderen Ländern, wie z.B. Roman Polanski oder Michelangelo Antonioni, die den britischen Stil aufgriffen.
The Gap stellt eine Auswahl an Filmen aus dem Kino-Kanon, aber auch unbekanntere Produktionen vor.
Die Reihe "England’s Dreaming" startet am 07. Feber im Filmmuseum. Das Programm mit Infos zu allen gezeigten Filmen gibt es unter www.filmmuseum.at.